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Die Not ist noch nicht groß genug

Ein Jurist hat eine bisher nicht diskutierte Länderkompetenz für eine allgemeine Mietpreisregulierung entdeckt – doch der rot-grüne Senat in Bremen vertritt weiterhin eine andere Rechtsauffassung

VonJan Zier

Die Idee ist verlockend, gerade in Zeiten, in denen die Bundesländer gerne auf ihre politische Ohnmacht verweisen, mit Blick auf das Bundesrecht: Kann Bremen eine Mietobergrenze für alle Wohnungen einführen? Ja!, schreibt zumindest der Jurist Peter Weber in der Juristen Zeitung. Das ruft nach der Berliner SPD und Hamburger Linkspartei auch die Bremer SPD auf den Plan – doch der rot-grüne Senat winkt ab.

Weber, ehemals Fachanwalt für Mietrecht, hält es für zulässig, dass eine Landesregierung eine entsprechende Verordnung anhand des Preisgesetzes erlässt. Schließlich seien preisrechtliche Regelungen, die aus sozialpolitischen Gründen erlassen werden, laut Bundesverfassungsgericht vom Grundgesetz durchaus gedeckt, zudem sei das Recht des Wohnungswesens mittlerweile Ländersache. Und der Eigentumsvorbehalt der Verfassung beinhalte keinen Renditeschutz – solange der Vermieter durch so eine Mietpreisbindung nicht von Verlusten oder gar dem Verfall seines vermieteten Hauses bedroht sei.

Der rot-grüne Senat hingegen sagt, dass es „rechtlich nicht möglich“ ist, die Miethöhe durch bremische Regelungen zu deckeln. Das Preisgesetz sei vor dem Hintergrund des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen worden. Aber: Eine „vergleichbare Wohnraumnotsituation liegt nicht vor“, so der Senat.

Die Landesregierung findet einen Mietendeckel aber auch „unverhältnismäßig“, weil zuerst mildere Mittel ausgeschöpft werden müssten, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und schließlich habe der Bund schon 2015 „umfassend“ von seiner Regelungskompetenz Gebrauch gemacht – für konkurrierende Gesetzgebung in Bremen sei da schlicht kein Platz mehr. Und schließlich gebe es ja schon die Mietpreisbremse für Neuvermietungen und die sogenannten Kappungsgrenzen für laufende Mietverträge.

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