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Überwachen und strafen

Künftig will die Polizei auch den Hansaplatz in St. Georg überwachen. Die Innenbehörde erhofft sich davon einen Abschreckungseffekt. Die Linke kritisiert sie als Scheinlösung

Das Auge des Gesetzes soll künftig auch in Kameraform den Hansaplatz bewachen Foto: Christian Charisius/dpa

Von Ann-Kathrin Just

Der Hansaplatz wird in Zukunft videoüberwacht. Innensenator Andy Grote (SPD) informierte AnwohnerInnen am Donnerstag in einem Bürgergespräch über die Pläne. Ab April sollen 16 Kameras, die keinen toten Winkel haben, fast rund um die Uhr aufzeichnen.

Der Grund hierfür sei, dass der Platz sich zu einem Schwerpunkt der Straßenkriminalität entwickelt habe, so ein Sprecher der Innenbehörde. Von der Echtzeitübertragung erhofft sie sich einen Abschreckungseffekt, mindestens aber die Möglichkeit, Straftäter sofort strafrechtlich verfolgen zu können.

Die Aufnahmen sollen sich nach 30 Tagen wieder überschreiben, könnten aber gegebenenfalls als Beweismittel genutzt werden, so der Sprecher weiter. Täglich von 15 Uhr bis 7 Uhr soll der Platz überwacht werden, am Wochenende von 9 Uhr bis 7 Uhr. Hauseingänge, Kneipen oder Lokale würden von den Kameras automatisch verpixelt dargestellt. „Nicht alle Probleme werden damit gelöst“, sagt Innensenator Andy Grote (SPD). Dennoch erhofft er sich eine Verbeserung der Lage. Für die Innenbehörde ist klar, dass für eine erhöhte Sicherheit am Hansaplatz verschiedene Maßnahmen wichtig wären.

Barbara Görnandt von der Hamburgischen Datenschutzbehörde sagt, man habe sie erstmals im Dezember 2018 über die geplante Videoüberwachung informiert. Gegenwärtig erarbeite die Polizei das dazugehörige datenschutzliche Konzept. „Eine seriöse Beurteilung der Zulässigkeit der Videoüberwachung des Hansaplatzes lässt sich ohne dieses Konzept nicht abgeben.“

Die Meinungen über die geplanten Kameras gehen auseinander: Der Inhaber der Kneipe Hansa-Treff, Mehmet Simsit, befürwortet die Kameraüberwachung. Seiner Ansicht nach würden dadurch Diebe und Drogendealer ferngehalten. „Volle Sicherheit zu gewährleisten, ist nicht möglich. Aber dennoch wird bestimmt die eine oder andere Tat verhindert werden können.“

Die 2011 verhängte Kontaktverbotsverordnung gegen die Straßenprostitution habe in St. Georg die Situation verschlimmert. In dem Stadtteil wurde durch die Sperrgebietsverordnung zwar Straßenprostitution verboten, dennoch findet hier Prostitution statt. Durch das Kontaktverbot kann die Polizei nun auch gegen die Freier vorgehen.

Nils Zurawski, Kriminologe

Vor dem Verbot, so Simset, hätten die Leute nicht einfach weggeschaut, sondern hätten auch selbst die Polizei angerufen. Viele Menschen seien couragierter gewesen. Der Gastwirt ist sich sicher, dass sich die Aufhebung des Verbotes positiv auswirken würde.

Nils Zurawski, Professor für Kriminologische Sozialforschung an der Uni Hamburg, sagt dagegen: „Die Kameras werden die Probleme nicht lösen.“ Die Drogenszene werde sich einen anderen Ort suchen. Die Polizei müsse genau definieren, was sie sich von der Überwachung verspricht. Andernfalls sei es nur eine Problemverschiebung, ist sich Zurawski sicher.

Auch die Linke sieht die Maßnahme kritisch. „Videoüberwachung verhindert weder Straßenkriminalität noch schafft sie real mehr Sicherheit –den unterschiedlichen Ansprüchen und Wahrnehmungen der Anwohner_innen am Hansaplatz wird Grote so nicht gerecht“, erklärt die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft, Heike Sudmann. „Der Senat muss sich endlich den vom Runden BürgerInnen-Tisch Hansaplatz geforderten Dialog aller Betroffenen stellen!“

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