Und auch das kommt
: Die erste Frau vom Oberrhein

Eine fast schon undankbare Aufgabe für Yvette Gerner

Wenn es am schönsten ist, soll man ja aufhören. Vermutlich hat Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger sich diesen Sinnspruch auf den Kopfkissenbezug gestickt. Am Dienstag wird der Rundfunkrat der kleinsten ARD-Anstalt die in der Kohlstadt Ludwigshafen geborene Yvette Gerner zu seiner Nachfolgerin wählen, die wohl am 1. August im Funkhaus an der Weser antritt.

Eben weil Metzger dann aufhören will, aus „persönlichen Gründen“. Dabei hätte der 62-Jährige alterstechnisch locker eine dritte Wahlperiode bestreiten können, und alle dürften derzeit zufrieden sein mit der Entwicklung, die der Sender seit Metzgers Wiederwahl 2014 genommen hat: Die Finanzierung, die innerhalb der ARD ausgedealt wurde, sichert den Fortbestand des Senders, und Metzger und sein Team haben Erfolg beim Versuch, „die Nische zu finden, in der wir in der ARD Impulse setzen können“ – so wie er es 2009 zu Dienstbeginn in Aussicht gestellt hatte. Ein wahrer Regen von Auszeichnungen erging zuletzt über die Anstalt, vom Deutschen Hörspielpreis über den Journalistenpreis der deutschen Wirtschaft, den Radiopreis, den Fernsehpreis und den Alternativen Medienpreis plus zweimal Grimme für Maren Kroymanns 2017 gelaunchte TV-Sketch-Sendung „Kroymann“. Die ist aber auch echt komisch.

Fast schon undankbar ist die Aufgabe, das auszubauen, die Yvette Gerner als erster Frau an der Radio-Bremen-Spitze zufällt. Mit welchen Ideen sie vom großen ZDF in Mainz zum Bremer Zwergsender kommt, darauf wird sie vielleicht ab Dienstag erste Hinweise geben. Aus ihrer – für eine Journalistin überraschend schmalen – digitalen Spur lassen sich zwar ein paar inhaltliche Präferenzen ablesen, die dabei aber keine Rolle spielen dürften: So wurde sie 1997 mit einer Arbeit über die Beziehungen zwischen der EU und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion promoviert, hat vermehrt zum Thema Israel und von 1997 bis 2010 für die ZDF-Hauptredaktion Außenpolitik gearbeitet, die es an der Weser natürlich nicht gibt.

Dort könnte allerhöchstens ihr kurzer Ausflug in die Kommunalpolitik von Belang sein: Die Sozialdemokratin hatte 2002 versucht, als erste Frau das Rathaus von Speyer zu erobern – unterlag mit achtbaren 40 Prozent dem Amtsinhaber. Offenbar ist dafür die Zeit erst dieses Jahr reif gewesen: Seit Januar regiert Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler am Oberrhein.

Benno Schirrmeister