: Zum Schweigen gebracht
KRIMI-OPER Als ob der Text nicht spannend genug wäre: Der Bremer Krimi-Autor Jürgen Alberts präsentiert seine Oper über die Mafia mit Musik von Marco Lenzi
VON KLAUS WOLSCHNER
Ein Krimi-Autor schreibt eine Oper – das ist eine Premiere. Jürgen Alberts hat Dutzende von Krimis geschrieben, schon 1989 tauchte in seiner „Chop Suey Gang“ die Mafia auf. Und nun gibt es die Oper. Der Titel ist drastisch und sagt eigentlich schon alles: „Mundtot – messo a tacere“: zum Schweigen gebracht. Eine erste Aufführung gab es im April in Arnsberg, in einem richtigen Gerichtssaal, am Freitag folgt nun die „Bremer Uraufführung“ im Concordia-Theater.
Tatort ist der Gerichtssaal. Der Zeuge (Luca Camperoni) packt aus. Ihm ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, und was er zu erzählen hat, ist wirklich gruselig. „Ich kann niemals glauben, was ich dort sah. Ich höre die gierigen Eber schmatzen.“ Seine Mafia-Kollegen hatten einen der ihren, mit dem sie vorher scherzend am Tisch gesessen hatten, brutal totgeschlagen und in einen Schweinestall geworfen, wo die Eber seit Tagen nichts zu fressen bekommen hatten: Das Knacken der Menschenknochen, das raue Lachen der Männer, das Schlürfen der Innereien – der Aussteiger hat die Szene auch akustisch noch in der Erinnerung. Und gesteht: „Ich kann nicht glauben, was ich tat.“
Der Text würde eigentlich schon für den Spannungsbogen ausreichen, aber da es sich nun mal um eine Oper handelt, ist die Zeugenaussage mit Piano-Klängen untermalt. Marco Lenzi hat die Musik geschrieben.
In Bremen werden die gleichen Schauspieler auftreten, die schon bei der Arnsberger Aufführung dabei waren. Drei davon kommen aus dem Umfeld der Shakespeare Company, die sich des Stückes für die Bremer Aufführung angenommen hat: Den Richter spielt Frank Auerbach, die Staatsanwältin Andrea zum Felde, die Mafia-Seite wird von Christian Bergmann vertreten, der einen aalglatten pomadierten Angeklagten spielt. Sein Verteidiger (Gunnar Haberland) nickt während der Zeugenaussagen hin und wieder ein, und wenn er mal aufwacht, dann grinst er nur die ganze Zeit. Der Angeklagte lacht über die schauerlichen Schilderungen des Zeugen, der einmal sein Mafia-Freund war, bestreitet rundweg, was da vorgetragen wird.
In einer Art Sprechgesang präsentiert sich der Mafia-Boss gleichzeitig als Dienstleister von schmutzigen Geschäften aller Art: „Sie haben Müll – wir schaffen ihn beiseite“, singt er zum Beispiel. „Mein bester Freund stand auf der Abschussliste. Ich schoss ihm in den Hinterkopf“, berichtet der Zeuge.
Irgendwann ist es dem Angeklagten doch zu viel, er fällt aus der Rolle, beginnt, seinen ehemaligen Freund wüst zu beschimpfen, droht ihm schließlich: „Noch bevor du den Saal verlässt, wird deine Haut brennen. Du weißt genau, was dir bevorsteht!“
Für die Zuschauer wird damit deutlich, dass er wirklich der Mafia-Boss ist. Der Richter scheint Angst vor seiner Rolle zu bekommen. „Der Zeuge hat sich entschlossen, seine Ängste zu überwinden“, sinniert er. Jener Zeuge ahnt, wie es ausgehen wird: „Ich bin bereit, mein Leben hinzugeben“, singt er mit dürrer Stimme. Dann geht das Licht aus, es ist stockfinster. Schüsse fallen, einer, zwei, drei. Der Zeuge singt nicht mehr, er wurde zum Schweigen gebracht.
Jürgen Alberts, dem es auch um die politische Wirkung des Themas geht, hat für die Premiere am Freitag den Innensenator und den Polizeichef eingeladen – mit ihnen wird es nach dem Stück ein Gespräch geben.
■ Aufführungen am 21. 9. und 23. 9., jeweils 19.30 Uhr, Concordia, Schwachhauser Heerstraße