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UniversitäreBefindlichkeiten

Zwischen Satire und Musical führt „Weitermachen Sanssouci“ die gegenwärtige Universität samt Evaluierungswahnsinn, Drittmittelstumpfsinn und Akademikersprech vor (Forum)

Von Ekkehard Knörer

„Weitermachen Sanssouci“ ist ein Film, der in und mit Diskursräumen spielt, metaphorisch gesprochen. Wörtlich genommen ist der Ort, an dem das meiste sich zuträgt, passend natürlich, die Universität. Gedreht in Berlin an der TU, die in der Fiktion des Films kurz „Berliner Universität“ heißt. Hier sitzen, gehen, liegen, sprechen: Lehrende, Studierende und auch die Sekre­tärin.

Lehrend, protagonistisch: die Professorin Brenda Berger (Sophie Rois), der Professor Alfons Abstract-Wege (Bernd Moss), die Lehrbeauftragte Phoebe Phaidon (Sarah Ralfs) und die Mitarbeiterin Wendela Wendela (Maryam Zaree). Es kommt dazu ein eher privat gelehrt sozialistischer WG-mitbewohnender Dakkar Prinz (Bastian Trost), auch der hat manches zu sagen, vor allem zu Stafford Beers Versuch, das Allende-Chile auf dem neuesten Stand der Informationstechnologie auf Planwirtschaft umzustellen. Sprechend, deutlich: die Namen, nicht so ganz von dieser Welt. Das deutet ins Genre der Satire, in das der Film durchaus gehört.

Einerseits. Man sollte aber nicht mit grotesken Überzeichnungen rechnen. Denn andererseits kennen sich Regisseur Max Linz und sein Drehbuchkoautor Nicholas von Passavant im Milieu ausgesprochen gut aus. Man merkt das eigentlich jeder Dialogzeile an.

Ambitioniert und schlicht

Der und dem Außenstehenden mag manches schlicht absurd vorkommen. Und klar, der Dankechor nach dem Vortrag, die Vorfahrt der Begehenden in der Kutsche, das Friedrich-Liechtenstein-Cameo als Chefkoch der Kantine: V-Effekt, teils komisch, teils mit Gesang.

Das Nudging-Experiment jedoch, die technisch dysfunktionale Virtual-Reality-Klimaforschungssimulation, sogar die Begehungssequenz und erst recht der grassierende Exzellenz- und New-Public-Management-Sprech; aber auch das studentische Referat- „genau“ als penetrante Verlegenheitsfloskel, die ambitioniert-kritisch gemeinte, aber geistig schlicht vorgetragene Adorno-Paraphrase, der Hoch-Daumen zum Abschluss der geistig dürftigen professoralen Powerpoint-Präsentation: All das kennt, sieht man leichten Übertreibungen ab, wer die Uni von heute kennt, nur zu gut. Da schaut der Film sehr genau hin, führt das vor, in sicher nicht direkt freundlicher Absicht.

Alles Schreckliche, das er so genau zeigt, stellt der Film durch das Vorführen infrage. In Einstellungen, die Körper im Sitzen, Stehen und Liegen als Textsprechkörper konfrontiert. Da steht und sitzt das Schreckliche dann aber herum, in der Einstellung, im Diskurs- und im Seminarraum und eben infrage. Alles schlimm, schön und gut.

Was aber nun? Wie weiter? Wie vor allem anders an das alles herangehen, um es herumgehen, über es hinwegkommen? Man kann das doch so nicht lassen, man kann es doch bei der Satire allein nicht belassen. Jedoch, immer wieder und ganz grundsätzlich: Was tun?

Nicht nur einmal läuft der auf Theorie getrimmte Dialogtext (nicht nur Sophie Rois erinnert einen an René Pollesch) ausdrücklich auf explizite Fragen auf oder zu, W-Fragen sonder Zahl. Vor allem: Warum?

Genauer gesagt, beziehungsweise genauer gesungen, als kleine, verzagte Hymne: „Warum kann es hier nicht schön sein, warum werden wir nicht froh?“ Antworten jedoch hat der Film darauf nicht, mit Musik oder ohne. Außer er will womöglich doch ins sozialistische Cyber-Chile der siebziger Jahre zurück, ich glaub aber nicht.

Gewiss, die Studierenden treten in Streik. Beziehungsweise sie sitzen, sie besetzen die Bibliothek („#Bleiben“). Als man sie rauszutragen und rauszuklagen droht, reagieren sie mit Noise-Musik. Noise-Musik entdifferenziert den Diskurs zum Akt der Widerständigkeit, könnte man sagen. Aber dann kommt ein Mann vom Gebäudemanagement und dreht dem Noise-Widerstand den Saft ab. Das war’s dann.

Ergebnis der Exzellenz-Evaluation: Abstract-Wege ist raus. Brenda Berger macht weiter. Denn Weitermachen ist der Imperativ.

Phoebe Phaidon bekommt das Angebot, die Papiere für die nächste Bewerbungsrunde zu schreiben. Sie überlegt sich das zweimal. Zuvor hat sie sich schon versuchsweise auf die Seite der Bibliotheksbesetzer*innen geschlagen.

Entschiedener Widerspruch sieht zwar anders aus, aber Zögern ist ja schon was. Und von Filmen Antworten auf Fragen zu fordern, für die auch die Wirklichkeit keine hat: Das kann man zwar machen, aber viel verlangt ist es doch.

13. 2., 13.45 Uhr, Cinestar 8,

15. 2., 20 Uhr, Cubix 9,

17. 2., 19.30 Uhr, Colosseum 1

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