Juristenstreit um
Berliner Mietendeckel

Die Berliner SPD wollte die Mieten einfrieren, nachdem ein Jurist eine Mietenbegrenzung auf Länderebene für legal erklärt hatte. Das dementiert nun der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags

„Das Gutachten hat kaum überzeugen-de Argumente“

Julian Zado, SPD

Von Malene Gürgen, Berlin

Der Streit um den Vorschlag eines Berliner Mietendeckels geht weiter. Ein im Auftrag des CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Wegner vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags erstelltes Gutachten kommt zu dem Schluss, eine solche Begrenzung der Mieten für frei am Markt angebotene Mietwohnungen sei auf Landesebene nicht möglich.

Die bundesweite Mietpreisbremse sei hier bereits als „abschließende gesetzliche Regelung“ anzusehen, weshalb die Länder in dieser Frage keine eigene Gesetzgebungskompetenz hätten. Wegner fordert deswegen, der Berliner Senat müsse sich von der Idee verabschieden: Die Landesregierung dürfe „nicht noch mehr Ressourcen für ein offenkundig rechtswidriges Vorhaben verschwenden“, so der stellvertretende Landeschef der Berliner CDU.

Julian Zado, Jurist und stellvertretender Landesvorsitzender der SPD Berlin, der gemeinsam mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Eva Högl die Einführung eines Mietendeckels vorgeschlagen hatte, hält das Gutachten hingegen für „sehr oberflächlich“. Es sei gut, dass die juristische Debatte über den Vorschlag nun weitergehe, so Zado zur taz. „Dieses Gutachten bietet aus meiner Sicht aber kaum überzeugende Argumente, die wirklich interessanten rechtlichen Fragen werden außerdem kaum behandelt.“

Insbesondere sei die Schlussfolgerung gar nicht so klar, wie Kai Wegner sie interpretiere. „Für frei am Wohnungsmarkt angebotene Mietwohnungen dürfte hingegen das Mietpreisbindungsgesetz des Bundes eine abschließende gesetzliche Regelung darstellen“, lautet der letzte Satz des Gutachtens, das der taz vorliegt. Die Formulierung „dürfte“ ist aus Zados Sicht ein Hinweis darauf, dass sich in dieser Frage auch die Gutachter des Wissenschaftlichen Diensts nicht ganz sicher seien.

Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung lässt den Vorschlag momentan selbst rechtlich prüfen, ein Ergebnis soll frühestens Ende des Monats vorliegen. Diese Prüfung werde durch das Gutachten des Bundestags nicht beeinflusst, so eine Sprecherin zur taz. „Wir warten weiterhin ab, was unsere Prüfung ergeben wird und entscheiden dann über das weitere Verfahren.“

Die SPD-Politiker um die Bundestagsabgeordnete Högl hatten vorgeschlagen, in den Stadtgebieten, in denen die Mieten besonders stark steigen, diese zunächst für fünf Jahre gesetzlich zu begrenzen. Der Mietendeckel solle sowohl für Neuvermietungen als auch für Bestandsmieten gelten. Rechtlich möglich sei das, weil mit der Föderalismusreform 2006 das „Recht für Wohnungswesen“ an die Länder gefallen sei. Darunter falle auch das Mietpreisrecht, weshalb die Länder hier sehr wohl eine Gesetzgebungskompetenz hätten. Der Vorschlag geht auf einen Artikel des Juristen Peter Weber zurück. Dieser argumentiert auch, der Mietendeckel sei kein Verstoß gegen den in der Verfassung festgeschriebenen Schutz des Eigentums – schließlich gebe es kein Verfassungsrecht auf Rendite.

Der Vorstoß der SPD-Politiker hatte hohe Wellen geschlagen. Die Berliner Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatte die Erwartungen in einem taz-Interview allerdings bereits gedämpft: Erste Signale der Prüfung ihrer Verwaltung gingen in die Richtung, „dass die kompetenzrechtliche Herleitung in dem Fachartikel nicht überzeugend gelungen sei“, so die Senatorin.