Susanne Messmer ist dem NS-Raubgut in der ZLB nachgegangen: Failing New York Times
In der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) befinden sich zahlreiche Bücher, die ihren rechtmäßigen Eigentümern während der NS-Herrschaft geraubt wurden. Aber anders als eine Berliner Tageszeitung unter Bezug auf die New York Times berichtete, fehlt es in der ZLB nicht an Aufmerksamkeit dafür. Auch ist nicht ganz richtig, dass mehr als eine Million der über drei Millionen Bücher der ZLB unbedingt NS-Raubgut sein müssen.
Seit 2002 ermittelt die ZLB nach geraubten Titeln – die Arbeit des eigens für Provenienzforschung eingerichteten Referats ist in vollem Gange. 2012 richtete es eine Datenbank („Looted Cultural Assets“) ein, in der alle Ergebnisse recherchierbar sind. Laut ZLB hat man allein 2018 „133 Bücher und Exlibris an 33 RechtsnachfolgerInnen und ErbInnen zurückgegeben“. Von 131.000 bis 2017 geprüften Titeln seien 3 Prozent Raubgut gewesen – allerdings, so Provenienzforscher Sebastian Finsterwalder, sei es oft unmöglich, die eindeutige Herkunft festzustellen.
Finsterwalder berichtet, dass die ZLB viele Bücher an die ErbInnen zurückschicke. Häufig gebe es auch Besuch von Nachkommen, denen man Bände persönlich zurückgebe. Der Enkelgeneration der Beraubten gehe es weniger um die Bücher, die monetär nicht immer besonders wertvoll sind, als vielmehr um die alltäglichen Geschichten, die an den Büchern hängen. „Diese Bücher erzählen oft etwas vom Leben und der Geschichte abseits der Verfolgung“, so Finsterwalder. „So bekommen die Menschen, die diese Bücher einmal besaßen, ein Gesicht. Sie sind nicht mehr einer von diesen unvorstellbaren sechs Millionen.“
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