TURNVEREIN IN VÖLKISCHER TRADITION : Das Kreuz mit dem Kreuz
„Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit.“ Den Eimsbüttler Turnverband (ETV) holt diese rabbinische Weisheit gerade ein. Mit Hammer und Meißel wollte am Montag eine Initiative Hakenkreuze an der Halle des Hamburger Vereins entfernen. „Nach der Ankündigung kam eine Strafanzeige wegen Aufforderung zur Straftat“, sagt Initiator Peter Gutzeit.
Ohne Werkzeug folgten am Abend rund 30 Personen dem Aufruf. Vor dem Sitz des Vereins erklärte Barbara Nitruch vom Auschwitz-Komitee: „Zeitzeugen und Besucher aus Israel, die die nahe Synagoge besuchen, sehen diese Symbole. Das geht einfach nicht.“
Beim ETV kommt der Protest verhalten an. Der Vorstand betont, ihnen sei „bewusst, dass die Turnerkreuze zu missverständlichen Assoziation führen können“. Turnerkreuze? Ja, an den Armen zweigten doch Balken ab, so dass sie als Fs zu deuten seien: „Frisch, Fromm. Fröhlich, Frei“. Seit 1894 seien Kreuze so verwendet worden. Dass das Kreuz an der 100 Jahre alten Fassade aber in völkisch-antisemitischer Tradition steht, wollte der ETV nicht ausschließen. Man wolle aber eine Erklärungstafel anbringen, sagte der Vorstand.
Schon 2006 lösten die Kreuze Kritik aus. Eine Initiative wies damals auch darauf hin, das die Halle den Namen eines NSDAP-Mitglieds trug: Robert Finn. Als Direktor der „Arbeitsgemeinschaft für Schmieröl-Versorgung“ war er in die Rüstungsproduktion massiv involviert. Nach 1945 wurde er ETV-Vorsitzender. Vehement stritt der ETV die Fakten ab. 2007 wurde die Halle dennoch umbenannt.
Jetzt muss sich der ETV auch mit einer Strafanzeige von der Linkspartei auseinandersetzen. Das Turnerkreuz, so die Bürgerschaftsfraktion, würde in einem Gutachten des Deutschen Turner-Bund als völkisches und antisemitisches Zeichen bewertet. Und sei daher verfassungsfeindlich, ganz gleich, was andere dort hineinlesen mögen.
Hinweis:ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland