Svenja Bergt über die Millionenstrafe für Google
: Nicht machtlos gegen Giganten

Sie haben zwar einst behauptet, die Ausbreitung von Grippewellen abbilden zu können. Aber eine 50-Millionen-Euro-Geldbuße von der Französischen Datenschutzaufsicht – das kam für Google dann wohl doch etwas unvorhergesehen. Jedenfalls hat sich der IT-Konzern erstaunlich spät um Gegenmaßnahmen gekümmert. Und wer jetzt an eine Veränderung des Geschäftsmodells, privatsphärefreundliche Einstellungen, vorbildliche Transparenz oder Ähnliches denkt – äh, nein, wir sprechen schließlich über Google.

Stattdessen: Das Unternehmen kündigte im Dezember an, dass seine Dienste in der EU ab dem 22. Januar nicht mehr von dem US-Mutterkonzern angeboten werden, sondern von einer irischen Tochtergesellschaft. Bei zukünftigen Datenschutzverstößen muss also die dortige Behörde tätig werden – und die könnte in Irland statt des Worts „Datenschutz“ eher „Wirtschaftsförderung“ im Namen tragen.

Facebook zum Beispiel nutzt das schon lange. Die französischen Datenschützer beweisen also nicht nur Sinn für ziemlich gutes Timing, wenn sie ihre Strafzahlung genau einen Tag vor dem strategischen Umzug verhängen. Sie signalisieren auch: Es ist möglich, sich gegen die IT-Giganten zu wehren. Trotz unüberschaubar riesiger Marktmacht, trotz des verbreiteten Gefühls, ein digitales Leben wäre ohne sie nicht möglich, zumindest aber nicht praktikabel, trotz des Fatalismus, die datensammelnden Unternehmen wüssten doch eh alles. So kreist die aktuelle Diskussion meist nur noch um die Verwaltung dieser Macht. Heraus kommt dann so etwas wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Facebook oder eine verkorkste Debatte darüber, ob man den datensammelnden Konzernen nicht zumindest ein paar kleine Steuern abtrotzen könnte. Ergebnisse? Vertagt.

An der Haltung der französischen Datenschützer könnten sich auch die hiesigen Aufsichtsbehörden ein Beispiel nehmen. Die sind nämlich bislang eher zurückhaltend unterwegs. Dabei hat die Vergangenheit gezeigt: Einfach auf guten Willen hoffen – das funktioniert nicht.

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