: Print – digital – scheißegal?
Gerade nicht! taz und taz-Community haben ein gemeinsames Ziel. Wir wollen in Zeiten wie diesen, mit Fake News und Rassisten in deutschen Parlamenten, taz-Journalismus erhalten. Gut, dass wir uns über den richtigen Weg streiten
Von Barbara Junge
Unser Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch hat die taz-Gemeinde im vorigen Jahr mit einer Vision überrascht, die weitreichende Konsequenzen hätte: Wir denken darüber nach, die taz in ein paar Jahren nicht mehr jeden Tag auf Papier zu drucken, sondern unter der Woche digital zu Ihnen zu bringen, wir testen, wie wir uns verändern können, um in einer sich wandelnden Medienwelt direkter und schneller zu unseren LeserInnen kommen zu können. Um dann mit einer dicken weiterentwickelten gedruckten taz am Wochenende aufzuwarten.
Die taz wird, wie so oft, als Vorreiterin betrachtet, andere Redaktionen und Verlage beobachten mit einer Mischung aus Bewunderung und Neugierde, was wir medienstrategisch durchdenken. Aber wir spüren selbstverständlich auch, welche Vorbehalte es gibt. Als ich zu Weihnachten schrieb, die taz mache sich „fit für den Moment, wenn irgendwann Pads und Mobiltelefone die täglich gedruckte Zeitung ersetzt haben werden und wir nur noch die Wochenendausgabe drucken“, fielen die Reaktionen emotional aus:
* „Haltet mich meinetwegen für altmodisch, aber ich will die täglichen Zeitungsinhalte stromlos in meinem Sessel, Sofa oder gar in der Hängematte konsumieren und nicht auf einem kleinformatigen Wisch-Display“, schrieb uns Klaus Blumenstock aus Stuttgart.
* „Das Lesen einer Tageszeitung am Laptop, Handy oder dergleichen würde mich als ältere Bürgerin zu sehr strapazieren“, ergänzte Anita Dreißiger aus Glienicke/Nordbahn.
* „Die LeserInnen der gedruckten taz erwarten, dass ihr euch mit gleichem Engagement für digital und gedruckt einsetzt“, so formulierte es Jürgen Reith aus Neuss.
* Uwe Koopmann aus Zetel schickte uns ein Foto seines Postboten, der ihm die taz in die Hand gibt: „Postbote Maik muss dann auf seinen Tee verzichten.“
* Und ein Leser aus Köln prognostizierte: „Wenn die Printausgabe wegfällt, sind Sie mich ganz los – und ich weine.“
Uns, die tazlerInnen, die jeden Morgen in die Friedrichstraße fahren, um die taz zu produzieren, bewegen zwei Dinge: jener ganz besondere taz-Journalismus, der vor 40 Jahren mit der Idee einer Gegenöffentlichkeit gegründet wurde – ein Journalismus, den wir heute, im Zeitalter von Fake News und Rassisten in deutschen Parlamenten für so wichtig erachten wie ehedem.
Der zweite Grund, warum wir morgens aufstehen, sind Sie: unsere LeserInnen und GenossInnen, die auch bereit sind, um ihre Papierzeitung zu weinen. Die taz war, ist und wird mehr sein, als nur eine Zeitung, sie war schon Community, als Mark Zuckerberg das Wort Algorithmus noch nicht einmal vorlesen konnte. Wir hören Ihnen zu, Ihr Feedback ist uns wichtig, es fließt ein in die Frage, wie die taz von morgen aussehen soll und wird.
Die taz ist ein quicklebendiger Laden, und wir sind sehr stolz darauf, dass Sie mit großem Selbstbewusstsein nicht nur dazugehören, sondern auch leidenschaftlich mitdiskutieren, wie es mit uns weitergehen soll. Diese enge Verbindung zu unseren LeserInnen ist eine Verpflichtung, der wir uns sehr bewusst sind. Viele von uns teilen einige der Argumente, die für eine gedruckte Zeitung sprechen: die haptische Sinnlichkeit, eine stolze Erhabenheit, die Leseführung, das Gefühl, etwas über den Moment erschaffen zu haben.
Doch kommen wir einfach nicht daran vorbei, dass es in näherer Zukunft gerade für uns, die taz, ökonomisch wie auch ökologisch immer weniger sinnvoll sein wird, Tag für Tag die ganzen Rollen Papier zu bedrucken und per Lastwagen stundenlang durch die Republik zu fahren, um sie bis nach Freiburg und Flensburg auszuliefern.
Wenn es einen schnelleren, ökologischeren und flexibleren Weg gibt, diese zwei Pole zusammenzubringen, die uns Tag für Tag antreiben – unseren Journalismus und Sie, unsere LeserInnen –, dann sollten wir zumindest testen, wie weitgehend er für uns infrage kommt. Nicht zuletzt: damit es uns auch weiterhin gibt. Auf diesem Weg sind wir gerade dabei, den ersten Schritt zu machen, und auf dem wollen wir Sie alle mitnehmen.
Schenken Sie uns Ihr Vertrauen, dass wir nichts wegwerfen wollen, was die taz so einzigartig macht, sondern uns darum bemühen, die taz zu pflegen und weiterzuentwickeln. Wir wollen nicht sparen, wie andere Verlage es tun, im Gegenteil: Wir wollen investieren und uns engagieren, „mit gleichem Engagement für digital und gedruckt“, wie es sich taz-Leser Jürgen Reith wünscht. Damit es jeden Tag eine andere Stimme in diesem Land gibt, als Sie sie in den großen Medien finden, jeden Tag Berichte, die sonst nie veröffentlicht würden. taz-Journalismus eben – gedruckt und digital, aber vor allem: taz.
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