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„Esist jetzt kalt“

In diesen Winter sind schon vier Obdachlose in der Kälte verstorben. Nun will die Obdachlosenhilfe Alimaus einen Kältebus losschicken, dafür braucht sie Spenden

Bekommen vielleicht bald Besuch vom Kältebus: Hamburger Obdachlose Foto: Marcus Brandt/dpa

Interview Frieda Ahrens

taz: Frau Hartkopf, Sie wollen in Hamburg einen Kältebus einrichten – was ist das?

Christiane Hartkopf: Uns schwebt das Modell vor, das in Berlin schon seit einigen Jahren im Einsatz ist. Das heißt ein Bus wird mit zwei ehrenamtlichen Helfern unterwegs sein, jeden Tag zwischen 19 und 24 Uhr. Und zwar in dem Zeitraum, wenn in der Stadt auch das Winternotprogramm läuft. Dieses Jahr schaffen wir das natürlich nicht mehr, aber eigentlich wäre das dann von November bis Ende März.

Was ist das Konzept des Busses?

Der Bus wird nicht auf festen Routen unterwegs sein und auch keine festen Haltestellen haben. Das Konzept ist also ein anderes als das des Mitternachtsbusses der Diakonie, den es schon gibt. Sondern dieser wird eher ein bisschen mehr in den Seitenstraßen fahren, dort wo die Menschen ihre Schlafplätze haben und Platten anfahren. Es wird dann versucht, mit den Menschen, die dort schlafen, Kontakt aufzubauen. Der Kältebus hat für die Nacht überlebensnotwendige Sachen an Bord: Schlafsäcke, Decken, einen heißen Tee. Und wichtig: Auf Wunsch kann dann auch ein Mensch in eine der Notunterkünfte transportiert werden.

Was unterscheidet den Kältebus vom Mitternachtsbus?

Die Möglichkeit zu sagen, wir sind vollkommen flexibel, was die Strecken angeht, auf denen wir unterwegs sein werden. Und es wird eine Telefonnummer geben, die jedermann anrufen kann. Wenn Sie also beispielsweise abends auf der Straße unterwegs sind und einen obdachlosen Menschen sehen und sich fragen: „Schläft der nur oder braucht der Hilfe?“, dann können Sie diese Nummer anrufen und der Bus fährt dorthin. Die Fahrer des Busses sprechen diesen Menschen dann an, gucken ob es ihm gut geht und ob er wirklich Hilfe benötigt.

Warum gerade jetzt?

Ein Thema ist das schon lange. Was es in diesem Winter noch mal in den Vordergrund rückt ist, dass es im November schon vier Todesfälle gegeben hat. Da ist zwar noch nicht geklärt, ob die Kälte wirklich der ausschlaggebende Faktor war, aber auf jeden Fall wird sie eine Rolle gespielt haben. Denn viele Leute, die auf der Straße leben, sind einfach vorbelastet, durch Erkrankungen oder eine Alkoholsucht. Und dann war einfach dieser Punkt erreicht, dass wir uns hier hingesetzt haben und geschaut haben, ob wir das organisiert und aufgebaut kriegen.

Und wie wird das Projekt organisiert und finanziert?

Finanziert wird es ausschließlich durch Spenden, sowohl finanzielle Spenden, als auch Sachspenden. Und wichtig sind natürlich die ehrenamtlichen Helfer. Wir haben jetzt am Sonntag einen Aufruf auf Facebook gestartet und es gibt auch andere Kanäle, die mittlerweile auch Aufrufe für dieses Projekt gemacht haben. Dadurch haben wir bisher schon einige Anfragen generieren können.

Wann soll es losgehen?

Foto: privat

Christiane Hartkopf, 44, ist Leiterin der Obdachlosenhilfe Alimaus. Die Alimaus sitzt im Nobistor und stellt Obdachlosen täglich warme Mahlzeiten und die Möglichkeit auf ein Postfach zur Verfügung.

Ich warte noch auf ein Angebot eines Autohauses für diesen Bus. Inwieweit uns dann die Feiertage ausbremsen werden, gerade auf der Seite der Fahrer, können wir noch nicht absehen. Aber wir möchten das schon zügig ins Laufen bringen und nicht erst nächstes Jahr. Denn es ist jetzt kalt.

Wie groß ist der Aufwand?

Wir hätten gerne mindestens Zweierteams für die Fahrt, das heißt wir brauchen für den Start so 25-30 Menschen, die dann in einem wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Turnus die Fahrten begleiten.

Wie viele Spenden brauchen Sie auf lange Sicht?

Es hängt ein wenig von dem Angebot des Autohauses ab. Danach können wir kalkulieren, wie viel wir insgesamt brauchen. Durch die große Aufmerksamkeit, die dieses Projekt bisher bekommen hat, finden sich gerade viele neue Sponsoren.

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