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Kurz zieht den Kürzeren

Von Österreichs großem EU-Afrika-Gipfel ist am Ende nur ein kleines EU-Afrika-Forum übriggeblieben. „Wir dürfen Afrika nicht den Chinesen überlassen“, klagt der Gastgeber

Aus Wien Ralf Leonhard

Um Digitalisierung und Innovation ging es beim EU-Afrika-Forum, das am 17. und 18. Dezember in Wien über die Bühne ging. Das „high-level forum“ wurde eher low key gespielt, schließlich fanden sich unter den angereisten Vertretern aus 24 afrikanischen Staaten nur vier Staatsoberhäupter: Neben dem Vorsitzenden der Afrikanischen Union und Mitveranstalter des Forums, Paul Kagame aus Ruanda, kamen Sahle-Work ­Zewde, die neue Präsidentin von Äthiopien, einem der größten Empfänger österreichischer Entwicklungshilfe, dazu Uhuru Kenyatta aus Kenia und Abdel Fattah al-Sisi aus Ägypten.

Letzterer dürfte mit einer Millionenspende aus dem Auslandskatastrophenfonds geködert worden sein. Österreichs Bundeskanzler Kurz (ÖVP) hat dahingehende Vermutungen zumindest nicht dementiert.

Kurz hatte in seiner Funktion als amtierender EU-Ratspräsident ursprünglich einen Afrika-Gipfel geplant, den aber wegen zu geringen Interesses der afrikanischen Partner wieder abgesagt. Mit dem Afrika-Gipfel, den China Anfang September in Peking veranstaltete, hätte sich das Event schwer messen können. Da waren 50 afrikanische Staatschefs angereist, um China zu applaudieren, das ihnen konkrete Investitionen in Milliardenhöhe in die Infrastruktur, eine Verlängerung der Seidenstraße auf den afrikanischen Kontinent und Hilfe beim Kampf gegen die Piraterie im Golf von Aden versprach. Mit solchen Mega-Projekten kann Europa schwer mithalten. Der Österreicher Kurz entschied sich daher für ein weniger ambitioniertes Afrika-Forum, gleichsam „als Fleißaufgabe im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes“, wie er es darstellte.

Selbst Kurz, der das Migrationsthema mit großem innenpolitischen Erfolg als Leitmotiv seiner Regierung spielt, ist es aufgefallen, dass es afrikanische Politiker nervt, wenn sie aus Europa immer nur auf Migration und Menschenrechte angesprochen werden. Deswegen werde es diesmal um wirtschaftliche Entwicklung und Innovation gehen, hatte er angekündigt. Kurz freute sich, dass unter den rund 800 Wirtschaftsvertretern die CEOs so wichtiger Konzerne wie Vodaphone, BMW und Siemens gekommen seien. „Wir dürfen den afrikanischen Kontinent nicht den Chinesen überlassen“, so Kurz in seiner Eröffnungsrede.

Auf den chinesischen Vormarsch in Afrika spielte auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an, als er betonte, dass es um eine „partnerschaftliche Gleichberechtigung“ beider Kontinente gehe. Die EU komme im Vergleich zu China zu spät: „Aber wir machen es besser.“ Im Übrigen sei Europa schon jetzt in Afrika stärker engagiert als China, wenn man alle Aktivitäten zusammenzähle.

Mit dem Afrika-Gipfel in Peking hätte sich das Event schwer messen können

Es war Paul Kagame, der den „Elefanten im Raum“ ansprach, nämlich die afrikanischen Migranten in Europa. Statt über die Zuwanderung als Problem zu sprechen, solle man lieber die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte thematisieren. Afrika könne kein Interesse haben, die Migration zu stoppen, hatte der Wirtschaftsforscher Klaus Friesenbichler zuvor im Ö1 Radio vermutet: „Die Migranten aus Afrika, die in EU-Ländern leben, senden in Summe oft mehr Geld nach Hause, als die europäische Entwicklungszusammenarbeit insgesamt ausmacht.“

Dass den Afrikanern wirklich mit Digitalisierung und Investitionen von Großkonzernen gedient sei, bezweifelten indes die Teilnehmer der Tagung Fairness für Afrika!, die der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) Ende November einberufen hatte. Joel Odigie, Koordinator für Menschen- und Gewerkschaftsrechte im Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB-Afrika) beklagte zum Beispiel, dass afrikanische Bauern ihre Exportchancen durch die hohen EU-Produktstandards erschwert sähen. Im Übrigen seien 90 Prozent der afrikanischen Arbeitskräfte im informellen Sektor tätig, sagte die Frauenrechtlerin Angela Akosu aus Ghana.

Die beiden halten eine Neuverhandlung der Wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen (EPA) der EU mit Afrika für notwendig. Während die EU ihre Landwirtschaft subventioniere und damit Billigexporte ermögliche, müssten afrikanische Bauern zumeist ohne staatliche Unterstützung arbeiten. Davon war auf dem Forum – zumindest bei den öffentlichen Stellungnahmen – nicht die Rede.

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