: „Irgendwann war der Ekel zu stark“
Köchin Josita Hartanto über veganes Kochen und eine fleischlastige Ausbildung
Interview Jana Lapper
taz: Frau Hartanto, seit wann sind Sie Veganerin?
Josita Hartanto: Seit etwa 13 Jahren. Als meine Mutter Veganerin wurde und mir Videos von geschredderten Küken zeigen wollte, hab ich noch gesagt: Ich will das gar nicht sehen, sonst kann ich meinen Job nicht mehr machen. Irgendwann konnte ich aber die Augen nicht mehr davor verschließen und hab meinen privaten Speiseplan von heute auf morgen auf vegan umgestellt.
Gearbeitet haben Sie aber immer noch in einer konventionellen Küche, oder?
Ja, damals habe ich im Oxymoron in Mitte gearbeitet und hatte dort den Vorteil, dass wir jeden Tag die Karte neu geschrieben haben – da konnte ich mich austoben. Irgendwann haben sich die Chefs beschwert, dass nur noch vegetarische Gerichte darauf standen, meistens waren sie aber aufgeschlossen. Fleisch musste ich trotzdem noch bearbeiten. Ich habe es dann nur noch mit Handschuhen angefasst und stundenlang die Bretter abgeschrubbt. Das habe ich ein paar Jahre so gemacht, irgendwann wurde der Ekel zu stark. Ich wurde Küchenchefin in einem veganen Restaurant, 2011 machte ich meinen eigenen Laden auf.
In der Ausbildung ist Fleisch Pflicht – mit welchem Stellenwert?
Bei mir ist die Ausbildung ja schon eine Weile her, vor 18 Jahren im Steigenberger. Fleisch war sehr wichtig. Ich selbst habe damals noch Fleisch gegessen, stand aber immer in der letzten Reihe, wenn Tiere zerlegt wurden. Das konnte ich noch nie. Eine rein vegane oder vegetarische Kochausbildung gibt es bis heute nicht, auch die Abschlussprüfung beinhaltet immer Fleisch.
Und welche Rolle spielt pflanzliche Kost in der Ausbildung?
Na ja, das waren eben nur die Beilagen: Gemüse, das man zum Fleisch dazu isst. Inzwischen gibt es zumindest vegane Weiterbildung. Aber die Lage in Berlin hat sich geändert: Im Jahr 2011 gab es vielleicht neun vegane Restaurants, ich bin mir sicher, dass es heute über achtzig sind. Der Bedarf an veganen Köchen wäre also da, auch wenn wir immer noch eine Randgruppe sind.
Ihr Restaurant Lucky Leek in Prenzlauer Berg hat kürzlich sogar eine Michelin-Empfehlung erhalten. Wie haben Sie sich veganes Kochen beigebracht?
Autodidaktisch eigentlich. Ich habe zu Hause viel probiert, vor allem gebacken. Das war besonders spannend: Keine Butter, keine Eier – und daraus wird dann ein Kuchen! Mittlerweile koche ich lieber als ich backe.
Kommen heute andere Menschen in dein Restaurant als noch vor ein paar Jahren?
Anfangs kamen wirklich vor allem Veganer, jetzt auch Feinschmecker, die Bock auf einen schönen Abend und geiles Essen haben. Oft ist den Gästen nicht bewusst, dass wir ein veganes Restaurant sind, und sie fragen: Können Sie das bitte auch vegetarisch kochen? Oder sie reservieren und merken dann, dass es gar kein Fleisch gibt und gehen wieder.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen