: Das Schlachten geht weiter
Erneut Tierquälereien trotz ärztlicher Kontrolle
Der Schweineschlachthof Leine-Fleisch in Laatzen bei Hannover hat nicht nur sein Bio-Zertifikat verloren, sondern auch zahlreiche Kunden, darunter so große wie Aldi, Kaufland und Real. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Betrieb. Der Grund: Der Verein Deutsches Tierschutzbüro hat am Dienstag heimlich aufgenommenes Filmmaterial veröffentlicht, das zeigt, wie Schweine brutal per Elektro-Schocker über einen Gang in den Schlachtraum von Leine-Fleisch getrieben werden. Zu sehen sind auch Tiere, die mutmaßlich unzureichend betäubt kopfüber am Haken hängen.
Als „Fauxpas“ und „Bilder, die ja lediglich drei von 5.000 Schweine zeigen“ bezeichnet die Aufnahmen Florian Sonnet, der von Leine-Fleisch-Geschäftsführer Hermann Withake vor wenigen Wochen zum Prokuristen bestellt wurde. Sicher, räumt er ein, dürfe so etwas bei keinem einzigen Tier geschehen, „aber wir sind da mitten drin in einem Prozess, um uns da stetig weiterzuentwickeln“.
Bis zur Veröffentlichung der schockierenden Bilder hat der Betrieb einen vorbildlichen Eindruck gemacht: Biozertifiziert wirbt er mit kurzen Transportwegen, einem lückenlosen Rückverfolgungssystem und schonenden Tiertransporten. Und: Der Schlachthof wird per Video überwacht. Überdies kontrollieren an jedem Schlachttag Mitarbeiter des Veterinäramtes die Arbeit – darunter drei Tierärzte.
Genützt hat das offenbar nichts – wieder einmal: Erst vor Kurzem hat das Deutsche Tierschutzbüro Bilder veröffentlicht, die beweisen, dass unter den Augen von anwesenden Veterinären Kühe in einem Schlachthof in Oldenburg gequält wurden. Gleiches geschah kurz vorher in einem Schlachthof in Bad Iburg. Und nun geschahen Tierquälereien sogar trotz der zusätzlichen und von der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin als Allheilmittel angepriesenen Videoüberwachung.
Dass die versagt hat, schiebt Sonnet auf die Politik: „Dort müssen die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass es keine Kollision zwischen Datenschutz und Tierschutz gibt.“ Denn, so sagt er, die neue Datenschutzverordnung sei Schuld, dass die Videoüberwachung nicht wie gewünscht funktioniere. Der Betrieb habe alles richtig gemacht: „Was die technischen Voraussetzungen angeht, sehen wir uns als Vorreiter.“
Das Biosiegel, sagt Sonnet, werde Leine-Fleisch „bestimmt bald zurückbekommen“ und der Verlust der Kundschaft sei kein Problem, der Kundenstamm sei groß genug: „Wir schlachten weiter.“ Simone Schnase
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