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Archiv-Artikel

Miese Ernte, gute Sicht

Der Deutsche Bauernverband hofft, nicht nur die alte Bundesregierung, sondern mit ihr auch Tier- und Umweltbestimmungen loszuwerden

AUS BERLIN FABIAN KRÖGER

Höchstwahrscheinlich fallen die Pommes frites demnächst etwas kürzer aus. Wegen der kühlen Witterung sind die Kartoffeln des Jahrgangs 2005 kaum gewachsen. „Für Bauern ein sehr schwieriges Jahr“, urteilte gestern der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, in Berlin. Nässe, Kälte, Spätfrost, Trockenheit und Regen machten den Landwirten das Leben schwer.

20 Prozent des Getreides stehen noch auf den Feldern – besonders Winterweizen und der besonders im Norden und der Mitte Deutschlands. Voraussichtlich werde die Ernte mit 45 Millionen Tonnen „enttäuschend“ ausfallen, um 12 Prozent geringer als im Vorjahr. Wegen des schlechten Wetters konnten die Bauern bislang nur an 10 bis 15 Tagen ernten. Am härtesten traf es den Roggen – 2005 wird es ein Viertel weniger geben als im Jahr davor. Auch die Qualität ist dieses Jahr nicht gut: Nach der Dauerfeuchtigkeit kann nur noch etwa ein Drittel des Weizens als Futter verwendet werden. Nur die Zuckerrüben geben Anlass zur Freude: Die nämlich brauchen viel Regen; entsprechend gut wird die Ernte.

Doch es wird ja alles besser. „Der Deutsche Bauernverband freut sich auf Gerda Hasselfeldt“, so Präsident Sonnleitner. Angela Merkel hatte die CSU-Verbraucherpolitikerin als Landwirtschaftsfachfrau in ihr „Kompetenzteam“ berufen. Sonnleitner: „Wir wissen eins: Dieser Frau geht es um die Sache, nicht um die Show.“

Und die Sache heißt EU. Nach einer Umfrage in 500 bäuerlichen Betrieben sehen 79 Prozent eine Angleichung der Wettbewerbsverhältnisse in der EU als „äußerst wichtiges“ Thema. Mit dieser bürokratischen Verklausulierung meint der Bauernverband etwa den Gebrauch von Pestiziden. In Italien dürfen Bauern das Pflanzengift anwenden; das will der Bauernverband auch dürfen. 74 Prozent der befragten Bauern wollen einen Bürokratieabbau. Auch das ist eine Verklausulierung: Hier meint der Bauernverband, der die Umfrage in Auftrag gegeben hat, die Abschaffung des nationalen Umwelt- und Tierschutzes.

Sonnleitner bereitet also die „Bauernbefreiung“ vor. Und von wem die Landwirte befreit werden sollen, ist für den Oberbauern auch klar: von Renate Künast. Die SPD habe sich aus der Landwirtschaft zurückgezogen und sie den Grünen überlassen, die daraus ein „ideologisches Experimentierfeld“ gemacht hätten. Eine neue Regierung müsse deshalb wieder ein eigenständiges Fachministerium einrichten, ein 100-Tage-Programm speziell für die gebeutelte Landwirtschaft verabschieden und natürlich das rot-grüne Landwirtschaftsgesetz überarbeiten.

Um nur mal die Anfangsforderungen aufzuzählen.