: Lückenschluss im Landschaftspark
Es muss nicht immer Sanssouci sein: Der Babelsberger Park ist ein englischer Garten voll ausgeklügelter Sichtachsen. Bis 1990 zerteilten Grenzanlagen das Grün, erst jetzt ist es völlig wiederhergestellt. Wenn das kein Grund zum Feiern ist
Was für ein Ausblick! Baumwipfel wogen, dahinter schimmert Sonne auf Wasser. Die Besucher auf dem Flatowturm genießen ein einzigartiges Panorama – Babelsberg, Potsdam, die Havelseen bis zum Grunewald. Der 158-Stufen-Aufstieg auf den im Stil eines mittelalterlichen Turms erbauten Ausguck hat sich gelohnt.
Prinz Wilhelm, der spätere deutsche Kaiser, ließ den Turm 1853 erbauen, einen schönen Spaziergang entfernt vom Babelsberger Schloss. Beide sind Teil der Anlage auf dem 124 Hektar großen Babelsberg, den Hermann Fürst von Pückler-Muskau ab 1842 nach zeitgenössischen englischen Vorbildern formte. Der exzentrische Gartenkünstler gliederte das Gesamtareal in Blumengarten, Park und Waldflächen, aus Gehölzgruppen inszenierte er wie mit Theaterkulissen Sichtachsen.
Wer das Gelände durch das Torhaus betreten hat, passiert malerische Arrangements aus Buchen und Rosensträuchern. Die Pumpstation, die die Fontänen des Parks mit Havelwasser speist, scheint mehr Palais als Maschinenhaus zu sein. Weiter geht es entlang der Glienicker Lake, vorbei an Schilf und großen Büschen. Dort, wo sich der ockerfarbene Weg am Ufer entlangschlängelt, verlief bis 1990 die Grenze zwischen der DDR und Westberlin.
Auf die Pückler’sche Parkkomposition nahm beim Mauerbau niemand Rücksicht. Da wurden Wege begradigt und Hügel einfach weggeschoben. Als vor 15 Jahren Stacheldraht und Zäune fielen, blieb ein verwüstetes Areal zurück. Überall lag Schutt, aus der aufgewühlten Erde ragten Betonpfähle: nichts für Spaziergänger. In einem der schönsten Landschaftsgärten Potsdams klaffte eine große Lücke. Die Gärtner hatten in den folgenden Jahren alle Hände voll zu tun, bis auf der kahlen Erde wieder üppiges Grün wuchs.
Quer über die Rasenfläche, die von Schloss Babelsberg wie von einer mittelalterlichen Burg überragt wird, hatte man den Grenzzaun gezogen. Gärtner mussten den Boden, der teilweise abgetragen worden war, neu aufschütten. Dann harkten sie akribisch jene sanft geschwungene Geländeform hinein, die Pückler hier einst angelegt hatte.
„Wo es möglich war, haben wir den historischen Bodenbelag freigelegt und Wege restauriert“, sagt Karl Eisbein, Leiter der Potsdamer Gartendenkmalpflege. Andere Pfade mussten neu angelegt werden. Hilfreich waren dabei alte Pläne, die Verläufe und Bepflanzungen anzeigten. Weil sie unvollständig waren, griffen die Denkmalpfleger außerdem auf Luftaufnahmen von 1959 zurück, die das Gelände vor dem Mauerbau zeigen.
Jetzt ist das anmutige Zusammenspiel von Wegen, Bäumen und Wiesen wieder auf dem gesamten Areal zugänglich. Das muss gefeiert werden: Am 4. September lädt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zum Rundgang durchs „Preußisch Grün“. In Sonderführungen können das Kleine Schloss, die Gerichtslaube und andere Parkbauten besichtigt werden.
Der Babelsberg ist weniger überlaufen als das bekanntere Sanssouci; auf 21 Kilometern Wegen können sich die Besucher verteilen. Viel frische Luft streift durch die 150 Jahre alten Bäume. Im Schatten der grünen Riesen finden Wanderer lauschige Plätzchen zum Picknicken. Durch einen Blumengarten, den so genannten Pleasureground, führt sie ein Weg in den Südhang. Weißbuchen und Eichen erheben sich über auf- und abschwingenden Wiesen voll Wildkräutern. Unten, am Havelufer, lässt sich an wenigen Tagen im Jahr ein ganz besonderes Schauspiel beobachten. Dann steigt aus dem Wasser ein 40 Meter hoher „Geysir“. Auch am 4. September wird das Schauspiel wieder zu sehen sein. JÖRG BRAUSE
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