wortwechsel
: Von Gebäuden und Menschen

Der Umzug in das neue taz-Haus hat begonnen. Die Einweihungsparty ist gelaufen. In einer Beilage wurde die Konstruktion noch mal ausführlich präsentiert. Hier einige Reaktionen

Politiker zeigt Gesicht: Olaf Scholz bei der taz-Hauseinweihung Foto: Karsten Thielker

Viel Selbstbeschäftigung

taz-Neubau, taz-Beilage Oktober 2018

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Heim. Ich freue mich mit euch. Aber: Es langweilt mich sehr, wie viel und intensiv ihr mit euch selbst beschäftigt seid. Ich bin Landwirt im Südschwarzwald und lese die taz als Kanal in die Welt. Wenn ich da jetzt aber über das ganze Wochenende in meiner taz nur Architekturbilder bewundern darf, fehlt mir doch das Wesentliche. Albert Hahn, Georgen

Es fehlen die Menschen

Ich habe etwas ratlos zweimal eure dicken Neubauseiten durchgeblättert. Zweifellos ist das ein tolles Gebäude, und wenn ich mal in Berlin bin, werde ich es mir anschauen.

Was mir aber völlig fehlt, sind die Menschen, die in diesem Gebäude arbeiten und einen großen Teil ihrer Lebenszeit verbringen. Ich wüsste gerne, wie es dort aussieht, wie ihr im Neubau arbeitet, diskutiert, lebt. Wie es sich anfühlt, im Großraumbüro zu arbeiten, wer ein Einzelzimmer nutzen darf, wie alle mit dem Lärm umgehen und so weiter und so weiter.

Schöne und durchdachte Architektur ist wichtig, aber sie dient den Menschen und die fehlen. Ich wünsche, dass ihr alle, die dort arbeitet und lebt, euch sehr wohl fühlt in dem neuen Raum, und vielleicht möchtet ihr ja ein paar von den Dingen, die ich gerne lesen würde, noch nachreichen. Gabriele Hennicke, Münstertal

Viel zu viel Eigenlob

Vor lauter Begeisterung fürs neue Haus scheinen der taz leider Kritikfähigkeit, Bescheidenheit und Solidarität abhanden zu kommen. Zu meiner Abonnentenfreude sorgt die taz immer wieder für Transparenz durch gründliche Recherche und ausführliche und kritische Hintergrundberichte. Wie wäre es damit in Sachen Neubau und Beilage? Mir fehlen detaillierte Informationen zu den Kosten und der Finanzierung der aufwendigen Beilage. Auch inhaltlich bleibt vieles hinter den gewohnten taz-Standards zurück. Nebulös wurde „eine Sonderbeilage […] von E2A verantwortet und von der taz begleitet“ angekündigt.

Wer zahlte und in welcher Gewichtung? (taz allgemein, Anzeigenkunden – meist die verdienenden Baufirmen, E2A im Rahmen des Architektenvertrags, E2A gegen gesonderte Zahlung?) Warum gab es stärkeres und damit vermutlich teureres Papier für die Beilage? Welche Kompetenzen hatten die im Impressum unscharf als „Editors“ bezeichneten Verantwortlichen von E2A und wie wurden sie redaktionell kontrolliert? Sprich: Wer verantwortete die Inhalte abschließend?

Inhalt der Beilage ist neben manch Interessantem viel zu viel Eigenlob der ArchitektInnen und der taz. Besonders der von E2A treffend als „Monolog“ bezeichnete Erläuterungsbericht zur Ausschreibung glänzt mit üblichen, architekteneigenen Floskeln und Phrasen. Warum kaum ein Wort und schon gar kein Bild zu den beteiligten BauarbeiterInnen und HandwerkerInnen?

Sterile, leblose Bilder der Stützen, der Treppenhäuser und der Fassaden haben zwar ihren eigenen ästhetischen Reiz und mögen für eine Selbstdarstellungsbroschüre des Architekturbüros taugen. Den sonst von der taz gewohnten, oft unkonventionellen Bildern sehen sie aber leider gar nicht ähnlich. Ich erwarte spätestens nach Abklingen der ersten Umzugseuphorie eine selbstkritische Nachbereitung. Martin Schulte, Frankfurt am Main

Wo bleibt das Grün?

Ich habe die Beilage teils gelesen, teils überflogen. Daher kann es sein, dass ich den Teil, der von Dach- oder Fassadenbegrünung und Freiflächenbegrünung handelt, übersehen habe. Sie bauen ein tolles Gebäude, doch wo bleibt das Grün? Die Architektur müsste im Zeitalter des erkennbaren Klimawandels hier stärker reagieren und für mehr Begrünung sorgen, vor allem an Fassaden und auf dem Dach, denn diese Fläche steht ja immer zur Verfügung, auch bei geringer Grundstücksfläche. Birgit Marenbach, Erlangen

Eine runde Sache

Glückwunsch, Lob + Hudel für eure dicke Beilage zum Neubau der taz. Nicht nur gut geschriebene/redigierte auktoriale Texte, sehr lesbar auch die Interviews; fabelhaft nicht zuletzt die Fotos – eine runde Sache! Das versöhnt mich ein bisschen mit dem ärgerlichen Umstand, dass Architektur-, Städtebau- und Planungsthemen es in der überregionalen Kulturberichterstattung der taz im Vergleich zu anderen „Qualitätsmedien“ gleichermaßen schwer haben. Das war früher – besonders in den 80er und 90er Jahren – deutlich anders. Baukultur erschöpft sich ja nicht in Gentrifizierungskritik, Aufbau Ost, Stuttgart 21 oder Nachhaltigkeit. Sie ist ein zentraler Indikator, der Auskunft gibt über die realen kulturellen Standards zivilisierter Gesellschaften. Also – schön wäre künftig etwas mehr Berichterstattung in Sachen Architektur und Alltagsdesign! Christian Marquart, Stuttgart

Hilflos!

„Abrüsten ist so achtziger“, „Für eine eigenständige Außenpolitik“, taz vom 23. 10. 18

Abrüsten ist so achtziger, wieder eine Superüberschrift vorn auf der taz! Der Artikel von Bettina Gaus aber auch irgendwie achtziger ! „Das hat Europa gerade noch gefehlt.“ Hilflos! Ist ja alles richtig, was Frau Gaus schreibt, und die „eigenständige europäische Außenpolitik“ ist dringlicher denn je. Allein welche?

Die, die schon in den achtziger Jahren notwendig war? Heute fehlt es Europa vor allem an einer eigenständigen politischen Position, die in die Zukunft schaut, die längst begonnen hat. Und in der China die einzige Weltmacht ist, die einen Plan konsequent verfolgt. Möglicherweise sind sich Donald Trump und Wladimir Putin schon längst einig, den lästigen Vertrag loswerden zu wollen, der ihnen Schranken auferlegt, um mit China mithalten zu können. Ja, Europa braucht eine politische Identität, die uns auf Augenhöhe bringt. Burkhart Braunbehrens, Ebertsheim

Teures Nebengleis

„Merkel will Fahrverbote verhindern“, taz vom 21. 10. 18

Warum reden alle nur über Hardwarenachrüstung? Es geht auch mit mehr Öffis, Fahrrädern und weniger Spuren und Parkplätzen. Ich wohne in einer Kommune, wo es mit den Grenzwerten geklappt hat. Mehr Fahrrad, eine Autospur gesperrt, einige Zufahrtsampeln länger auf Rot, Lkw-Verkehr gedrosselt und Stickoxidwerte eingehalten. (Aber auch hier gibt es noch viel zu tun.) Fußgänger und Radfahrer in die Städte!

Nachrüstung ist ein teures Nebengleis und schönt nur die Verkehrspolitik von gestern. André Voermanek, Braunschweig

Die heilige Rita

„Kein Name wie alle anderen“, taz vom 20. 10. 18

Hallo Addi – eben am Frühstückstisch habe ich herzhaft lachen müssen: So eine Situationskomik, Anna, Sophie, Adolf, gibt es eigentlich nur konstruiert im Film.

Ich finde es übrigens schön, wenn wegen der Familientradition Namen beibehalten werden, jedoch habe ich mir natürlich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich Adolf hieße. Aber ehrlich: Wie kann man sein Kind nach den Widerstandskämpfern Anne Frank und Sophie Scholl nennen (denen meine größte Achtung und mein Respekt gehört): so symbolbeladen, und das absichtlich. Ein Kind sollte doch es selbst sein dürfen ab der ersten Minute seines Lebens. Ich bin 1968 geboren; oft fragten mich neue Bekannte, ob meine Eltern Beat­les-Fan waren; Pustekuchen! Meine Eltern waren erzkatholisch: Ich bin nach der heiligen Rita benannt. Als Kind dachte ich immer trotzig, ich will keine Heilige sein. Wenn man in der Datenbank beliebter Vornamen nach Rita googelt, stehen dort Assoziationen wie „altbacken“, „nicht besonders intelligent“ – na toll! Irgendwann habe ich erfahren, Rita ist ein beliebter Name in Italien und Indien – von da an war ich etwas versöhnter wegen der Exotik. Rita Czerwonka, Karlsruhe