: „Das ist ein Sieg für Usbekistans Regierung“
EU Der grüne menschenrechtspolitische Sprecher Volker Beck kritisiert die bevorstehende Aufhebung des Waffenembargos gegen Usbekistan. Das Land sei ein Feind von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
■ ist Bundestagabgeordneter der Grünen, Erster parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher der Fraktion.
taz: Herr Beck, wird das Waffenembargo gegen Usbekistan auf dem EU-Außenministertreffen in Luxemburg aufgehoben?
Volker Beck: Das Waffenembargo wird aller Voraussicht nach fallen. Deutschland hat bei dieser Entscheidung eine Schlüsselrolle inne. Wir haben für die usbekischen Interessen in der EU die Türen geöffnet. Das ist eine schlechte Rolle für Deutschland.
Könnten Westerwelle und Merkel das ändern?
Wenn Westerwelle eine andere Usbekistanpolitik wollte, könnte er sicher Angela Merkel bitten, sich anders in Luxemburg zu verhalten. Jetzt kann die FDP zeigen, welchen Stellenwert Menschenrechte in der liberalen Außenpolitik haben.
Warum bemüht sich Deutschland um Usbekistan?
Der Hauptgrund für unsere Usbekistanpolitik ist der Stützpunkt der Bundeswehr in Termes. Wir senden allerdings eine doppeldeutige Botschaft in die Region. Wir haben Truppen in Afghanistan, angeblich um dort den Aufbau von Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu sichern. Um dies zu tun, kooperieren wir aber mit einer Regierung, die das Gegenteil davon macht. Die usbekische Regierung ist ein Feind der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
War die deutsche Usbekistanpolitik nicht auch ein Steckenpferd von Frank-Walter Steinmeier?
Merkel ist nur sehr gut, wenn sie über Menschenrechte spricht, aber wenn tatsächlich die Menschenrechte im Konflikt mit anderen Interessen stehen, verliert bei Merkel der Menschenrechtsaspekt immer. Eine glaubwürdige Menschenrechtspolitik funktioniert nur, wenn sie zu einem Hauptkriterium auch in Konkurrenz zu den anderen Interessen wird. Das sehe ich bei Merkel nicht, nicht im Bezug zu China, nicht zu Russland und auch nicht zu Usbekistan.
Welche Bedeutung hat die Aufhebung des Embargos?
Das ist ein klarer Sieg für die Regierung in Taschkent. Die usbekische Regierung hat die Anforderung der EU, die diese bei der Verhängung der Sanktionen formuliert hat, nicht erfüllt. Man kann Diktatoren nicht beeindrucken, wenn man ihnen alles ohne Gegenleistung gewährt. Wer erst klare Bedingungen formuliert und sich dann nicht um ihre Einhaltung kümmert, verliert in solchen Ländern das Gesicht.
Aber es wird doch immer von Reformen und Dialogbereitschaft der usbekischen Regierung gesprochen?
Der einzige wirkliche Reformschritt ist die Aufhebung der Todesstrafe. Aber in Usbekistan ist die Gesellschaft praktisch vollkommen kontrolliert. Es gibt dort keinerlei Freiheiten. Was nützt die Einführung des Habeas Corpus, wenn es keinerlei Rechtssicherheit gibt? Solche Reformen bleiben nur Papier. Die usbekische Regierung lässt hin und wieder inhaftierte Menschenrechtler frei, aber gleichzeitig werden andere verhaftet. Sie spielt da zynisch mit der Staatengemeinschaft Katz und Maus.
Wird Usbekistan für die Aufhebung des Waffenembargos inhaftierte Menschenrechtler freilassen?
■ Am Montag liegt der Beschluss zur Aufhebung des Waffenembargos gegen Usbekistan auf der EU-Außenministerkonferenz zur Unterschrift vor. Damit fällt die letzte EU-Sanktionsmaßnahme, die im Oktober 2005 gegen das zentralasiatische Land nach dem Massaker von Andischan mit mehreren hundert Toten verhängt wurde. Die EU forderte demokratische Reformen und eine unabhängige Untersuchung. Die usbekische Regierung verweigert sich bislang diesen Forderungen.
Wenn am Montag das Waffenembargo fällt, dann bekommt dies Usbekistan wohl umsonst.
Würden Sie bei Freilassungen usbekischer Menschenrechtler das Aufheben des Waffenembargos anders bewerten?
Nein. Als Konsequenz würden die EU Waffen nach Usbekistan verkaufen können und ein Terrorregime mit Waffen gegen die eigene Bevölkerung ausrüsten.
INTERVIEW: MARCUS BENSMANN