Bremens Griff nach den Sternen

Friedliche Weltraum-forschung beim IAC

Krampfhaft und mit wirklich beschissenen Großplakaten versucht Bremen gerade, seine Bevölkerung auf das anstehende Mega-Ereignis aufmerksam zu machen: den IAC. Der geht von Montag bis Freitag, Publikumstag ist der 3. Oktober. Und allen, die fachlich auch nur halbwegs mit der Branche in Berührung stehen, ist selbstverständlich klar, dass dieses Akronym den Internationalen Astronauten-Kongress bezeichnet und sie bekommen Schnappatmung, weil dieses größte Ereignis der Kosmonauten-Szene unterhalb eines Flugs ins All seit sechs Jahren mal wieder in Europa und zum zweiten Mal in Bremen stattfindet.

Oder auch nicht. Keine Ahnung. Das ist ja eigentlich nur die PR-Botschaft der Wirtschaftsförderer. Denn tatsächlich bilden die Kosmophilen selbst in Bremen, das neben Toulouse in Europa die stärkste Konzentration weltraumbezogener Unternehmen und Forschungseinrichtungen aufweist, nur eine kleine Gruppe. Schließlich ergreifen die meisten Kinder, die Astronaut*in werden wollen, später einen total bodenständigen Beruf. Und erfahrungsgemäß verfolgen gerade die Leute, die man am liebsten auf den Mond schießen möchte, am ungerührtesten ihren angestammten Orbit.

Veranstalter des IAC ist die International Astronautical Federation (IAF), die 1951 in Paris gegründet wurde, nicht zuletzt, um zu verhindern, dass der Weltraum zum Kampfplatz des Kalten Kriegs und das All zum Ort bellizistischer Forschung würde. Immerhin 4.500 Astrofachleute haben sich zu dem Kongress in Bremen angemeldet, und neben Späßchen fürs Publikum – am 3. Oktober soll es eine Liveschalte zur Internationalen Raumstation ISS geben, schockschwerenot! – beraten die über ernste Sachen, etwa über die Vorzüge und Nachteile von Flüssigkeitsraketenantrieben auf Wasserstoff- und Methan-Basis. Und über Ergebnisse der Forschung aus dem All: Astrid­-Christina Koch, die Beauftragte der EU für das europäische Copernicus-Programm, wird gleich am Montag eine Keynote halten. Darin wird sie über den Nutzen dieser satellitengestützten Erdüberwachung berichten, deren Daten für die Klimaforschung unabdingbar und für Naturkatastrophen-Monitoring entscheidend sind. Die militärischen und para­militärischen Aspekte des Programms für Frontex und Eurosur wird sie dem Abstract ihres Vortrags zufolge zuverlässig verschweigen. Schließlich hat sich ja die IAF einzig und allein der friedlichen Forschung verschrieben.

Benno Schirrmeister