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Harald Keller Der WochenendkrimiFein gedrechselte Dialogeund spleenige Protagonisten

Die Exzentriker von „München Mord“ ermitteln im ehemaligen „Führerbau“ der NSDAP Foto: Jürgen Olczyk/ZDF

Am Mittwoch erst war der Autor und Regisseur Alexander Adolph mit der Gesellschaftssatire „Der große Rudolph“ im Programm präsent. Einer Geschichte, wie sie kaum woanders als in München angesiedelt sein könnte. Ebenfalls von Adolph stammt die Idee zur Krimireihe „München Mord“. Auch die lebt vom besonderen Flair der bayerischen Metropole und den Eigenarten der Eingeborenen.

Getreu diesem Geiste haben Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl die aktuelle Episode verfasst. Jahreszeitlich passend, sorgt das Oktoberfest für eine besonders ausgeprägte folkloristische Note. Kriminaloberrat Helmut Zangel (Christoph Süß) sinniert eingangs über das traditionelle Volksfest. Kommissar Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier), der auf dem bierseligen Jahrmarkt Frauenbekanntschaften sucht, wird das Festgelände später sinngemäß zum benimmfreien Raum erklären. Seine Kollegin Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen) setzt große Hoffnungen auf das Gewinnspiel eines Radiosenders. Auf den Anruf des Moderators muss man mit dem richtigen Sprüchlein reagieren, dann gewinnt man einen der begehrten Festzeltplätze. Ludwig Schaller (Alexander Held) dagegen ist der ganze Trubel einfach nur verhasst.

Natürlich kommt diesem Ensemble, bekannt als Kabinett der Sonderlinge, ein Mord in die Quere. Gleich im Haus von Zangel, in der Wohnung unter der seinen, stirbt Josef Kleint, der ehemalige Hausmeister der Musikhochschule. Dorthin führen denn auch die Ermittlungen – und um einiges in der Zeit zurück. Die Hochschule ist im früheren „Führerbau“ untergebracht, dem Münchner Domizil Adolf Hitlers. In dessen Katakomben lagern noch NS-Paraphernalien. Kleint kannte sich hier aus. Das Motiv für den Mord?

Erneut erfreut „München Mord“ durch die Spleenigkeit der Protagonisten, die hier weniger ausgestellt daherkommt als in gewissen „Tatort“-Beiträgen. Schön geschrieben, mit fein gedrechselten Dialogzeilen wie „Er ist jetzt auch kein Mensch von expliziter Unkompliziertheit“ oder goldigen Synonymen wie „Endhandlung“ für den geschlechtlichen Vollzug. Nicht minder zierlich die eingestreuten Alliterationen wie „Flötist Fridolin aus Freudenstadt“.

Eine Spur zu dick aufgetragen geriet die Szene, in der der für Trugbilder anfällige Schaller das Paar Hitler und Braun halluziniert. Aber Angelika Flierl macht es dann wieder wett: „Dabei habe ich mich nie so wohl gefühlt mit einem Mord wie diesmal.“

„München Mord: Die ganze Stadt ein Depp“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

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