: Stadt will Obdachlose loswerden
Zunehmend viele Obdachlose leben am ehemaligen Güterbahnhof. Weil es immer mehr werden, will die Wirtschaftsförderung Wohnungslose dort nicht mehr dulden. Es gäbe Konflikte und Vermüllung
VonGareth Joswig
Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) will Obdachlose am ehemaligen Güterbahnhof nicht mehr dulden. An den Gleisschuppen und der Brachfläche in der Nähe des Hauptbahnhofs, die der Stadt gehören, wohnen laut der zuständigen WFB immer mehr Wohnungslose. „Dieser Zustand hielt sich bisher in einem überschaubaren Rahmen, der toleriert werden konnte“, schreibt sie auf Nachfrage. Das habe sich verändert, es gebe Vermüllung und Konflikte. Zuständige Behörden arbeiteten derzeit an einer „Lösung“. Eine Räumung stehe erst mal nicht zur Debatte, sagte Sprecherin Juliane Scholz zur taz.
In einem TV-Beitrag von butenunbinnen sagten Wohnungslose, dass sie von der Polizei vom Bahnhofsvorplatz vertrieben worden seien, deshalb nun zum Güterbahnhof gekommen wären. Am Hauptbahnhof vertreibt die Polizei seit Kurzem relativ rigoros Obdachlose und Alkoholabhängige. Ein Wohnungsloser schilderte zudem, dass viele Osteuropäer dort unterkämen, die als Tagelöhner auf dem Arbeiterstrich für drei bis vier Euro arbeiteten.
Auch nach Kenntnis der Sozialbehörde halten sich auf dem Gelände viele Osteuropäer auf. Im Gegensatz zu Obdachlosen mit deutscher Staatsbürgerschaft haben EU-Bürger*innen keinen Anspruch auf Sozialleistungen und Wohnungslosenhilfe. Laut Sozialbehörde war in ressortübergreifenden Gesprächen die Rede davon, dass die Wirtschaftsförderung für das Areal einen Sicherheitsdienst organisieren solle, um die Identität von sich dort illegal aufhaltenden Personen festzustellen – die Polizei könne auf dem nicht-öffentlichen Gelände erst nach einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch tätig werden.
Außer Obdachlosen gibt es seit mehreren Jahren auch Zwischennutzer*innen auf dem Areal. Neben dem verpachteten Bauwagenplatz Querlenker betreibt der Verein 23 dort das Künstlerhaus Güterbahnhof. Auch Norbert Bauer, Vorstand des Vereins, sagt, die Lage habe sich zuletzt verschlechtert. Einige Mieter*innen seien von offenen Feuern, herumliegenden Spritzen und den hygienischen Bedingungen genervt, gestört und verängstigt. Von 200 Obdachlosen, wie es im TV-Beitrag hieß, könne jedoch keine Rede sein, so Bauer. Es seien über 20 Leute an den Rampen der Gebäude und dazu noch eine größere Gruppe auf den angrenzenden Brachfläche. Für die Betroffenen wünscht er sich eine umfassende Lösung – und nicht einfach eine weitere Vertreibung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen