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Leichter ohne Gespenst im Nacken

Karlsruhe versetzt dem VfL Osnabrück einen Dämpfer. Der schaut trotzdem optimistisch in die Zukunft

Von Thomas Wübker

In der vergangenen Saison knapp am Abstieg vorbeigerauscht, nun trotz 0:1-Niederlage gegen den Karlsruher SC auf einem Aufstiegsplatz. Was ist los mit dem VfL Osnabrück? Die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune spielte bislang leidenschaftlichen, taktisch klugen, kämpferisch starken und erfolgreichen Fußball. Wie konnte das geschehen?

Sinnbildlich ließe sich der Wandel des VfL an Stürmer Marcos Álvarez festmachen. War er in der Saison 2017/18 noch mit einigen Kilos zu viel auf dem Platz unterwegs, ist er nun schlank und rank. Mit seinen bislang vier Toren in fünf Spielen, davon drei sehenswerte Freistöße, hat er einen nicht unbedeutenden Anteil am Höhenflug des VfL. Aber es wäre ungerecht, den unerwartet positiven Saisonstart allein an dem 26-Jährigen festzumachen.

Es scheint, als hätten Sportdirektor Benjamin Schmedes und Trainer Daniel Thioune eine Mannschaft zusammengestellt, die passt. Die Neulinge Maurice Trapp vom Chemnitzer FC, Ulrich Taffertshofer von Unterhaching, David Blacha von Wehen Wiesbaden oder Anas Quahim von der zweiten Mannschaft des 1. FC Köln haben ohne Anpassungsprobleme den Weg ins Team gefunden.

Die Zutaten Leidenschaft, taktische Variabilität, Kampf- und Teamgeist sowie Glück können dafür sorgen, dass in Osnabrück über einen längeren Zeitraum erfolgreich Fußball gespielt werden kann. Auch der Mut des ehemaligen Nachwuchs-Coachs Thioune, auf junge Spieler zu setzen, gehört dazu. Gegen den KSC saßen zwei 18-Jährige und zwei 20-Jährige auf der Bank. Nach dem Rückstand des VfL zeigte sich eine weitere neue Eigenschaft: Er gab nicht auf, sondern forcierte seinen kämpferischen Einsatz.

Im Spiel gegen den KSC zeigten sich die neuen Qualitäten des VfL, aber auch seine Schwächen. Blacha und Taffertshofer lenkten das Spiel im Mittelfeld. Wenn die Mannschaft im Angriff war, spielte sie in einem 3-1-2-3-System, in der Verteidigung im 4-4-1-1-System.

Beide Systeme konnte der VfL variabel spielen und schnell umschalten. Was fehlte, war bisweilen die Genauigkeit bei den Zuspielen und die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Ein echter Torjäger fehlte den Osnabrückern. Manche Fans trauen sich, ob des neuen Spielstils schon das Wort „Aufstieg“ in den Mund zu nehmen – meist noch in Anführungszeichen.

Dabei hat der VfL nicht mehr den Aufstieg in die höhere Klasse als mittelfristiges Ziel ausgegeben, sondern die Etablierung in der Drittklassigkeit. Ohne das Aufstiegs-Gespenst im Nacken spielt es sich an der Bremer Brücke nun offenbar leichter. Im Spiel gegen Karlsruhe, gegen die der VfL seit 31 Jahren nicht mehr gewinnen konnte, kombinierten die Männer in Lila-Weiß sehenswert und lieferten sich mit den Badenern ein umkämpftes Spiel, das der VfL unglücklich verlor.

Das Glück, in den letzten Minuten ein Tor zu schießen wie in den Spielen gegen 1860 oder Würzburg, war dem VfL diesmal nicht hold. Der Mannschaft ist aber ein guter Saisonverlauf zuzutrauen. „Wir sind hart auf dem Boden angekommen“, sagte Thioune nach dem Spiel. Er blicke aber optimistisch nach vorn: Qualität sei in seiner Mannschaft vorhanden.

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