: „Hutbürger“ nimmt seinen Hut
Der in Dresden auffällig gewordene Pegida-Anhänger verlässt das Landeskriminalamt Sachsen
Aus Dresden Michael Bartsch
Der inzwischen als „Hutbürger“ bekannte Pegida-Anhänger, der bei einer Demonstration gegen die Kanzlerin in Dresden ZDF-Journalisten beschimpft und einen Stopp ihrer Aufnahmen verlangt hatte, wird vom Sächsischen Landeskriminalamt (LKA) versetzt. „Mit seiner Zustimmung“ verlasse er das Amt und werde „bis auf Weiteres eine andere, adäquate Tätigkeit außerhalb der Polizei Sachsen wahrnehmen“, teilte das LKA mit.
Wegen der Beschwerde des Mannes über Journalisten waren diese von der Polizei am 16. August eine Dreiviertelstunde festgehalten worden und konnten nicht weiter drehen. Das Sächsische Innenministerium identifizierte den Mann selbst als LKA-Mitarbeiter. Dresdens Polizeipräsident Horst Kretzschmar entschuldigte sich später nach einem Gespräch mit ZDF-Journalisten für die Behinderung ihrer Arbeit. Im Landeskriminalamt habe man ebenfalls „nicht gerade Beifall geklatscht“, heißt es aus Insiderkreisen.
Dennoch kann LKA-Sprecher Tom Bernhardt aus arbeits- und datenschutzrechtlichen Gründen nur wenige weitergehende Fragen beantworten. Der bisherige Mitarbeiter werde „entsprechend seiner Qualifikation“ in einer anderen Landesbehörde eingesetzt. Welche, dürfe er nicht sagen. Der Mann war bislang mit heiklen Fällen Organisierter Kriminalität befasst. Er ist aber kein Beamter, sondern nur Landesbediensteter und nach Tarif des öffentlichen Dienstes angestellt. Der Sprecher wollte nicht sagen, ob die Versetzung nur befristet erfolgt, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Er lässt aber durchblicken, dass es keines großen Drucks seitens des Landesamtes bedurfte, den Mann mit dem schwarz-rot-goldenen Anglerhut zum Verlassen der Behörde zu bewegen.
Geprüft wird von den Justiziaren im Amt weiterhin die rechtliche Seite des Falles. „Er bewegte sich in seiner Freizeit bei einer nicht verbotenen Organisation“, stellt Sprecher Bernhardt klar. Andererseits weiß man, dass Redner bei Pegdia schon zum Sturz des demokratischen Systems und zum Bürgerkrieg aufgerufen haben. Inwieweit solche Sympathien mit den Pflichten eines Landesbediensteten kollidieren, werde eben geprüft. „Der Vorgang ist noch nicht abgeschlossen“, erklärte der Sprecher.
„Mit dem Schritt wird der Betroffene aus dem Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gezogen“, kommentierte der innenpolitische Sprecher der Linken-Landtagsfraktion Enrico Stange. Das Grundproblem bleibe: „In sächsischen Sicherheitsbehörden hat offenbar eine gewisse Zahl von Beschäftigten Einstellungen, die sie zum Sicherheitsrisiko in unser Demokratie machen“, schätzt Stange ein.
Der affektierte „Hutbürger“ mit der Sonnenbrille ist inzwischen zu einer Witzfigur avanciert. So parodierte ihn Moderator Christian Ehring in der Satiresendung „extra 3“.
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