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„Wir möchten den Druck nehmen“

Das „Institut für Talententwicklung“ organisiert Messen, auf denen sich Eltern und Schüler gemeinsam über Berufsperspektiven informieren können. Beliebt sind „sichere Berufe“ wie Polizei und Bundeswehr

Foto: privat

Kathrin Kunterding, arbeitet nach einer Ausbildung zum European Management Assistant beim Institut für Talententwicklung in Hamburg.

Interview Yasemin Fusco

taz: Frau Kunterding, Ihr Institut veranstaltet mit „Parentum“ eine Ausbildungsmesse für Schüler und deren Eltern. Wie werben Sie dafür?

Kathrin Kunterding: Wir gehen auf die Elternabende in den Schulen; manchmal sind dort auch die Schüler vertreten. Wir haben sehr gute Kontakte zu rund 200 Schulen in Hamburg, von Mümmelmannsberg bis Blankenese …

Wie erfahren denn Schüler aus bildungsfernen Familien, deren Eltern nicht zu den Elternabenden gehen von der Messe?

Wir informieren überwiegend die Eltern, da es sich bei dieser Messe ja um einen Eltern- und Schülertag handelt. Vereinzelt gehen wir aber auch in den Unterricht und kommunizieren so direkt mit den Schülern. Da wir ja regen Kontakt mit den Lehrenden haben, werden auch solche Schüler angesprochen, die unter anderen Umständen nicht von dieser Veranstaltung erfahren würden.

Wie laufen die Informationsabende für die Eltern ab?

Die Eltern können ihre Fragen auf stufenübergreifenden Elternabenden stellen. Es gibt aber auch einige Schulen, in denen wir mit den Eltern in kleiner Runde direkt im Klassenzimmer sprechen können. Wir haben auch Partner, die uns unterstützen, damit wir möglichst viele Eltern und Schüler erreichen können.

Welche, zum Beispiel?

Die Koordinierungsstelle für Weiterbildung und Beschäftigung e. V. fördert mit Projekten wie den „Schulmentoren“ den Berufseinstieg vor allem junger Menschen mit Migrationshintergrund. Mit dem Projekt werden Schulen in schwieriger Lage gestärkt, indem unter anderem Schüler und Eltern als Schulmentoren ausgebildet werden. Es gibt aber auch viel Eigeninitiative der Schüler, deren Eltern nicht auf die Elternabende gehen. Der Besuch der „Parentum“ ist selbstverständlich auch ohne Begleitung der Eltern möglich.

Ab welchem Jahrgang empfehlen Sie den Eltern und Schülern, zu dieser Messe zu gehen?

Ab der achten Klasse, wenn die Schüler voraussichtlich mit dem ersten allgemeinbildenden oder mittleren Schulabschluss die Schule verlassen werden. Im Schnitt sind unsere jungen Besucher 16 bis 17 Jahre alt. Wir heißen aber auch Studienabbrecher willkommen, die sich umorientieren möchten.

Sehen sich die Schüler unter Druck gesetzt, wenn sie bei Ihrer Messe waren?

Nein. Vielleicht spüren einige Druck im Elternhaus oder an der Schule, wo die Berufs- und Studienorientierung mittlerweile auch in der gymnasialen Oberstufe verbindlich ist – mit festgelegten Kompetenzen und Inhalten sowie benoteten Lernleistungen. Das Institut für Talententwicklung will mit seinen Messen den jungen Menschen vielmehr den Druck nehmen und sie animieren, sich in Ruhe zu überlegen, was sie nach der Schule machen möchten. Möchten sie direkt in die Ausbildung oder an die Uni gehen oder erst einmal ein Auslandsjahr, ein längeres Praktikum oder ein freiwilliges Jahr machen?

Wie verhalten sich die Eltern und die Kinder zueinander auf der Messe?

Unterschiedlich. Manchmal trennen sich Eltern und Kinder im Laufe des Messebesuchs, um sich an anderen Ständen zu informieren oder verschiedene Vorträge und Diskussionsrunden zu besuchen. Dann wieder übernehmen sehr engagierte Eltern den Großteil des Gespräches am Ausstellerstand, weil sich das Kind vielleicht nicht traut. Uns ist es wichtig, dass die jungen Menschen selbst entscheiden und möglichst ergebnisoffen mit ihren Beratern auf der Messe herausfinden, welche berufliche Richtung sie in Betracht ziehen könnten. Ihnen soll einfach der Rücken gestärkt werden.

Wie betreuen Sie die Schüler? Gibt es eine individuelle Berufsberatung?

Wir haben keine Berufsberater von der Agentur für Arbeit auf der Messe, aber andere Angebote für die Schüler: Wir nehmen uns an unserem Informationsstand des Instituts Zeit für die persönlichen Bedürfnisse unserer Besucher, stellen ihnen Ausbildungsberufe und Studiengänge vor und führen sie über die Messe. Wir prüfen Bewerbungsmappen, bieten offene Diskussionsrunden und Vorträge, zum Beispiel über „Das Geheimnis der Körpersprache“ und „Tipps vom Personaler: Darauf achten wir bei einer Bewerbung“. Mit einem interaktiven Workshop zur Berufswahl „Licht im Dschungel der Möglichkeiten“ geben wir Impulse, eigene Potenziale und Perspektiven zu entdecken.

Welche Ausbildungsberufe und Studiengänge sind derzeit denn besonders beliebt bei den Schülern?

Was besonders gut ankommt, sind die Polizei, der Zoll und die Bundeswehr, also der öffentliche Sektor. Insgesamt sind die sogenannten „sicheren Berufe“ sehr beliebt bei den Schülern. Es gibt demgegenüber noch viele freie Lehrstellen für Frisöre, Köche, Elektroniker und Anlagenmechaniker. Bei den Studiengängen sind die Schüler sehr den Wirtschaftswissenschaften zugeneigt, wie zum Beispiel BWL, Immobilienwirtschaft und Marketing.

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