Lesen und Rechnen? Fehlanzeige

BILDUNG Im Ländervergleich des Bildungsstandards von Grundschulkindern rangiert die Hauptstadt ganz weit unten. Besonders schlechte Chancen haben Kinder aus Einwandererfamilien

Schlechtes Zeugnis für Berliner Schulen: Im Lesen und Rechnen schneiden Kinder, die in der Hauptstadt zur Schule gehen, deutlich schlechter ab als ihre Altersgenossen aus anderen Bundesländern. Das ist das Ergebnis des Ländervergleichs des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) der Humboldt-Universität. Die Forscher überprüften erstmals, wie gut die Bildungsstandards, auf die sich die Kultusminister nach dem Pisa-Schock geeinigt hatten, im Primarbereich erfüllt werden.

Beim Test zum Lesen und Hörverstehen landet Berlin auf dem vorletzten Platz vor Bremen. Im Bereich Mathematik ist Berlin ist das Schlusslicht. An der Spitze steht Bayern. In Mathematik hinken Berliner Viertklässler Kindern aus Bayern um ein knappes Schuljahr hinterher, beim Lesen über ein dreiviertel Schuljahr.

Auffällig hoch ist in Berlin der Anteil der Schüler, die die von den Kultusministern festgelegten Mindestkompetenzen nicht erreichen. 22 Prozent verfehlen im Bereich Lesen den Mindeststandard, in Mathematik sind es 27 Prozent – das ist der höchste Anteil aller untersuchten Länder.

Bundesweit ist der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Schulerfolg stark. In Berlin fällt auf, dass vor allem im Bereich Hörverstehen der Unterschied zwischen Schülern aus besonders privilegierten Familien und sozial benachteiligten Elternhäusern besonders groß ist: Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern hinken ihren Klassenkameraden aus höheren Schichten um weit über ein Schuljahr hinterher.

Die schlechten Berliner Ergebnisse dürften nicht schöngeredet werden, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) der Nachrichtenagentur dpa. „Es gibt nicht die eine Maßnahme, mit der alle Probleme gelöst werden können, oder die eine Ursache, die abgestellt werden muss.“ Der Vorsitzende der Berliner Lehrergewerkschaft GEW, Hartmut Schurig, kritisierte, dass man Flächenländer und Stadtstaaten nicht so ohne weiteres miteinander vergleichen könne, weil die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft jeweils eine andere sei.

Zuwanderer haben an Berliner Grundschulen besonders schlechte Chancen: Sie liegen in ihrer Leseentwicklung mehr als ein Jahr hinter deutschstämmigen Schülern, nirgendwo ist der Abstand so groß. BERND KRAMER

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