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Zum Sterben zu wütend

Es läuft nicht gut für Eintracht Braunschweig. Nach sechs Saisonspielen hängt der Verein am Tabellenende der Dritten Liga. Auch der Rausschmiss des Sportdirektors kann die aufgebrachten Fans nicht beruhigen

„Eintracht Braunschweig ist kein Kandidat für das Sterbebett“

Soeren Oliver Voigt, Geschäftsführer Eintracht Braunschweig

Von Christian Otto

Wahrscheinlich war das mit der Klobürste nicht nur lustig gemeint. Sie flog beim Auswärtsspiel, das Eintracht Braunschweig mit 0:3 bei der SpVgg Unterhaching verloren hat, aus dem Fanblock aufs Spielfeld. Der Traditionsverein steckt ziemlich tief in der Scheiße. Nach dem Abstieg in die Dritte Liga ist Braunschweig nach sechs Saisonspielen Tabellenletzter. Ob da Entlassungen hilfreich sind?

Vielleicht hilft zuerst einmal ein Blick zurück auf die vergangenen Monate. Direkt nach dem Abstieg trennte sich der Verein von Trainer Torsten Lieberknecht, der den Verein mit seiner Art mehr als zehn Jahre lang geprägt und sich am Ende stark abgenutzt hatte. Die Vereinsführung hatte zuletzt mit einen offenen Brief an die Fans versucht, für Ruhe zu sorgen. Dass jetzt auch noch eine Trennung von Marc Arnold erfolgt ist, lässt aufhorchen. Der Sportdirektor war eine ähnliche Konstante wie Lieberknecht. Er durfte die Saison noch planen, einen neuen Trainer suchen und dann gehen.

Zu den aktuellen Konstanten eines Vereins, der für seine Saison in der Dritten Liga immerhin fast 14.000 Dauerkarten verkauft hat, gehört Soeren Oliver Voigt. Der Geschäftsführer bemüht sich voller Elan, das Durcheinander im sportlichen Bereich neu zu sortieren. „Wir funktionieren neben dem Platz einwandfrei. Der Verein ist in seiner Struktur gefestigt. Was fehlt, sind Punkte für eine bessere Platzierung in der Tabelle. Aber Eintracht Braunschweig ist kein Kandidat für das Sterbebett“, sagt Voigt.

Bestimmt hat er recht, was die organisatorischen und kaufmännischen Rahmenbedingungen betrifft. Aber Fans und Klobürstenwerfer geht es um andere Dinge. Sie können es nicht ertragen, wie ihre Lieblingsmannschaft durch die Saison stolpert und sind sauer.

Von Chaos ist die Rede. Von einer Krise. Es gehört zu den üblichen Tücken des Profifußballs, dass die Fans laut leiden und viele Medien die Dinge extrem erhöhen. Fakt ist: Vor fünf Jahren hatte sich die Eintracht noch in die 1. Liga geschossen. Vor einem Jahr war sie ganz kurz davor, es erneut zu schaffen. Das Schicksal, nach einem Höhenflug durchgereicht zu werden, ist keine Braunschweiger Erfindung.

Unter der Regie des neuen Trainers Henrik Pedersen vollzieht sich gerade ein Umbruch mit extrem vielen neuen Spielern. Ohne sichtbaren Erfolg bisher.Das Gemeine ist: In der Analyse der aktuellen Krise gerät in Vergessenheit, was in den vergangenen zehn Jahren gut war. Kaum ein Klub aus der Ersten und Zweiten Liga hat es geschafft, so lange an einem Trainer und Sportdirektor festzuhalten.

Der Fall mit Lieberknecht und Arnold in die Dritte Liga diente auch als Signal dafür, sich erneuern zu müssen. Man müsse dem neuen Trainerteam und der Mannschaft Zeit geben, sagt Geschäftsführer Voigt. Er versucht, Ruhe auszustrahlen in einer Situation, die ganz Braunschweig extrem unruhig macht.

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