Ein Langzeitarbeiter für Dortmunder Langzeitarbeitslose

Rolf Zdziarstek ist Frührentner in Dortmund. Seit einem Vierteljahrhundert setzt sich der Ex-Langzeitarbeitslose für die Rechte von Arbeitslosen ein. Enttäuscht ist der Mitarbeiter eines Arbeitslosenzentrums von der Politik in der Revierstadt und den sozialpolitischen Rückschlägen. Doch er denkt nicht daran, aufzugeben

Mitmischen, weiterkämpfen – Rolf Zdziarstek will nicht aufgeben, auch wenn der 62-jährige Frührentner und Ex-Langzeitarbeitslose schon mal resigniert sagt: „Das bringt alles nichts“.

Als Mitbegründer der Arbeitsloseninitiative Dortmund (ALIDO) hat er viel erlebt. „Alles fing vor 25 Jahren an“, sagt er. „Ich habe einen Bericht in der Zeitung gelesen, dass ALIDO noch Leute sucht“. 1980 war das – damals waren sie nur zu viert und Arbeitslosigkeit in Dortmund die Ausnahme.

Rolf Zdziarsteks Berufsweg begann 1958 als 15-Jähriger mit einer Ausbildung zum Bäcker im Sauerland. Schnell hat ihm der Job „keinen Spaß mehr“ gemacht, er heuerte als Postfacharbeiter an. Aber auch das schien nicht für ihn geschaffen. Er beschloss nach fünf Jahren seinen Job bei der Post an den Nagel zu hängen.

Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz kam Rolf Zdziarstek nach Dortmund, wo er Ende der 1970er Jahre auf der Zeche Zollern zum Betriebsschlosser umschulte. Schon damals hatte der Job keine Zukunft mehr. „Ich wurde von einer ABM in die nächste geschickt“, erinnert er sich. Zuerst arbeitete er ein Jahr in einer Gießerei in Lütgendortmund, dann zwölf Monate auf der Zeche Minister Stein. „Vier Jahre und vier ABM später stand ich dann ganz auf der Straße“, sagt Rolf Zdziarstek. Das war 1980, als der Arbeitslose Thomas Miska die ALIDO ins Leben rief.

Seither hat Frührentner Zdziarstek alles getan, um Sozialabbau zu verhindern und für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Zusammen mit Gleichgesinnten von der Arbeitsloseninitiative demonstrierte er vor der Frankfurter Börse. Selbst die Bannmeile des Bundestags in Bonn hat er durchbrochen. „Ein Kollege von mir wurde damals sogar von der Polizei festgenommen“, erzählt er. „Das ist mir aber noch nie passiert.“ Ihn hätten die Beamten lediglich untersucht.

1987 diskutierte Rolf Zdziarstek mit dem damaligen CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm. Nicht nur von Blüm ist der Arbeitslosenaktivist enttäuscht: „Politiker wollen alles besser machen, das sagen sie immer wieder – doch letztendlich ist es immer nur derselbe Abwasch“. Und: „Ob Kohl, Schröder oder Merkel, das ist alles das Gleiche.“

Besonders gekränkt ist er darüber, dass weder Dortmunds Oberbürgermeister noch die beiden SPD-Bundestagskandidaten zur diesjährigen Jubiläumsfeier der ALIDO gekommen sind. ALIDO ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten so etwas wie Zdziarsteks Heimat geworden. In den 25 Jahren hat er fast keines der Treffen am Montagmorgen oder Freitagnachmittag ausgelassen.

„Wir sind ein eingeschweißter Kreis, die alle einen ähnlichen sozialen Hintergrund haben“, sagt auch die Langzeitarbeitslose Siegried Asamoah. Das heiße allerdings nicht, dass sie keinen „Fremden“ aufnehmen würden. „Wir sind eine massenfreundliche Initiative, aber keine Bewerbungsstelle“, sagt sie.

Der engagierte Frührentner – selbst fast schon ein Politiker – lässt sich trotz der Rückschläge, die er erleben musste, nicht beirren. Zwischen 1999 und 2004 saß er sogar als Sprecher der Stadtgrünen, einer Abspaltung der Dortmunder Grünen, in der Bezirksregierung-Nord. „Bewirkt habe ich aber nichts“, meint er frustriert, „die Stadtgrünen haben sich aufgelöst, und den Arbeitslosen geht es auch noch nicht besser.“

In der Politik ist er trotzdem geblieben – seit neuestem als Mitglied der Linkspartei. Und wie es sich für einen aktiven Parteifreund gehört, mischt er noch eifrig auf den Dortmunder Montagsdemonstrationen mit: „Es muss ja trotzdem weitergehen.“ Denn resignieren, wie viele andere Arbeitslose, das liegt Rolf Zdziarstek fern. „Einer muss sich für die Arbeitslosen einsetzen.“ UTA BAIER