Hausrecht mit Grenzen

PROZESS Landgericht verurteilt zwei Mitarbeiter der Hochbahnwache zu acht Monaten Haft wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung

„Wenn die Schulungen bei Securitas so ablaufen, dann kommt es zu diesem Ergebnis“

HENDRIK SCHULZE, ANWALT

Acht Monate Haft auf Bewährung für die Mitarbeiter Lars B. und Timm Sch. von der Hamburger Hochbahnwache. So lautet das Urteil der Kleinen Strafkammer des Landgerichts von Richter Alfons Schwarz wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Die beiden Security-Männer hatten am 23. April 2009 den Journalisten Dierk-Eckard Becker auf dem U-Bahnsteig des Hauptbahnhofes zu Boden gestoßen, am Kopf verletzt und anschließend in der Hochbahnwache festgehalten.

Becker war an jenem Abend zufällig auf dem Heimweg in eine Fahrkartenkontrolle von zwei Frauen durch die Hochbahn-Mitarbeiter auf dem Bahnsteig geraten. „Die Frauen fühlten sich bedrängt und sprachen kein Deutsch“, erinnert sich der 73-Jährige. Deshalb habe er sich eingemischt und gefragt, ob er helfen könne. Die Männer von der Hochbahnwache fühlten sich jedoch von Becker gestört. Timm Sch. untersagte Becker den Aufenthalt für die Dauer der Maßnahme auf dem Bahnsteig. „Ich habe eine Abokarte, ich kann stehen wo ich will“, erwiderte Becker. „Ich zog meine Handschuhe an, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen“, sagte Sch. vor Gericht. Doch als Becker zu seinem Handy griff um die Polizei zu holen, nahmen die Sicherheitsmänner Becker in den Schwitzkasten und brachten ihn zu Boden, wo er mit den Kopf aufschlug. Dann hielten sie ihn eine geraume Zeit in der Hochbahnwache fest, bis ihn die Polizei nach eigenen Angaben „befreite“.

Vor Gericht machten die Anwälte der Security-Männer geltend, dass sie als Hausrechtsinhaber in „Notwehr“ gehandelt hätten und lediglich einen „Angriff auf das Hausrecht“ abwehren wollten.

Die Angeklagten hatten in der Endphase des Berufungsprozesses vor dem Landgericht um Milde gebeten, da eine Verurteilung von mehr als 90 Tagesätzen Geldstrafe sie „mit Sicherheit“ ihren Job beim Sicherheitsunternehmen „Securitas“ koste.

Das Amtsgericht hatten die beiden im Mai vorigen Jahres zu 120 Tagessätzen verurteilt. Zudem erklärten die Verteidiger der Angeklagten, dass Wachleute bei Securitas geschult würden, in drei Phasen vorzugehen: Ansprechen, Drohen, Zupacken.

„Herr Becker hatte telefoniert, um die Polizei zu holen, da kann man nicht einfach weitermachen mit Phase drei“, hatte die Staatsanwältin gerügt. Und Richter Schwarz lobte Beckers Zivilcourage. Beckers Anwalt Hendrik Schulze stellte nüchtern fest. „Wenn die Schulungen bei Securitas so ablaufen, dann kommt es zu diesem Ergebnis.“  KAI VON APPEN