MTU-Deal: Gute Chance für ein Kanzler-Veto

Der deutsche Rüstungskonzern, so fürchten die Mitarbeiter, könnte an einen aggressiven US-Investor verkauft werden

HAMBURG taz ■ Die Börsenküche brodelt. Wird der weltweit führende Marine-Rüstungskonzern MTU in Friedrichshafen an den amerikanischen Finanzinvestor Carlyle verkauft? Bundeskanzler Schröder legte auf einer Wahlkampfveranstaltung am Bodensee vorsorglich sein Veto ein.

So viel scheint sicher: Heute werden sich nach Informationen der taz die Gesellschafter an unbekanntem Ort versammeln, um über die Zukunft der maritimen Perle vom Bodensee zu reden. Daimler hält gut 88 Prozent des Kapitals, und die Gründerfamilien Maybach und Zeppelin besitzen zusammen knapp 12 Prozent. Letztere hatten den umstrittenen US-Investor Carlyle ins Spiel gebracht. Sie sollen Carlyle sogar Exklusivverhandlungen versprochen haben.

„Wir wollen MTU zügig verkaufen“, sagt aber auch ein Sprecher von DaimlerChrysler. Der Automobilkonzern favorisiert allerdings ein offenes Rennen der Bieter „mit mehr als einem Bewerber“ – um einen höheren Preis zu erzielen. Immerhin geht es um gut eine Milliarde Euro. Daimler will die Familien gerne schachmatt setzen, die über Einspruchsrechte verfügen. Ein langwieriger Rechtsstreit könnte die Folge sein.

MTU legt Wert darauf, als Industrieperle zu glänzen. Der Konzern erwarte 2005 ein Umsatzplus von zehn Prozent auf fast zwei Milliarden Euro und eine „sehr gute Gewinnentwicklung“, heißt es in Friedrichshafen. Das sieht auch Daimler so, aber der flotte Motorbauer passt nicht in die neue Konzernstrategie, die alles auf „on Highway“ setzen will. Der MTU-Schwerpunkt liegt außerhalb der Autobahnen – im Gelände bei Panzerantrieben und auf See bei Schiffsmotoren. Bei Marinemotoren für Fregatten und andere seetüchtige Kriegsschiffe gilt der 7.000-Menschen-Konzern weltweit als Nummer eins.

Der deutsche DAX-30-Konzern MAN hat sein Kaufinteresse schon länger angemeldet und dürfte dem Kanzler allemal lieber sein als US-Carlyle. Auf einer Wahlkampfkundgebung in Friedrichshafen forderte der Kanzler eine Lösung, die Technologie und Arbeitsplätze in Deutschland hält. Auch der Betriebsrat fürchtet, dass ein Finanzinvestor nur kurzfristige Interessen verfolge. Für ein Kanzler-Veto stehen die Chancen gut.

Das Außenwirtschaftsgesetz erlaubt ein politisches Verbot, wenn „schädliche Folgen für die Wirtschaft“ drohen (§ 6) oder „wesentliche Sicherheitsinteressen“ betroffen sind (§ 7). Auch ökonomisch könnte ein Veto Sinn machen, „ich halte es für besser, wenn kein Financial Investor bei MTU einsteigt“, sagt Kapitalmarktexperte Jörg Huffschmid. Bei der Verschmelzung der deutschen Großwerften unter dem Dach von Thyssen-Krupp hatte der US-Finanzier One Equity Partners lange Zeit eine heikle Rolle gespielt.

HERMANNUS PFEIFFER