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Verlängertes Time-out in Rotenburg

Chefarzt klagt weiter gegen Entlassung

Der Streit geht weiter: Wegen umstrittener Methoden hat eine Rotenburger Jugendpsychiatrie ihrem Chefarzt fristlos gekündigt, der klagt gegen seine Entlassung. Ein Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Verden ist gescheitert, sodass der Streit am 23. Oktober in die Beweisaufnahme gehen soll.

Unter dem Chefarzt sollen jugendliche PatientInnen stundenlang, manchmal sogar für mehrere Tage in den sogenannten „Time-out-Raum“ gesperrt worden sein. Nur 15 Minuten sollen sich Jugendliche als Krisenintervention in solchen Räumen aufhalten, um in einer reiz­armen Umgebung und in Eins-zu-eins-Betreuung zur Ruhe zu kommen. Die Maßnahme soll nach Berichten ehemaliger Patient*innen in der Jugendpsychiatrie des Rotenburger Aga­plesion-Diakonieklinikums regelmäßig zur Strafe und als Drohung eingesetzt worden sein.

Nachdem die Vorwürfe öffentlich wurden, richtete das Klinikum eine Anlaufstelle für Betroffene bei einer Mediatorin ein. Als sich daraufhin weitere ehemalige Patient*innen und Betroffene zu Wort meldeten, aber auch Mitarbeiter*innen, die zudem über einen „erdrückenden“ Führungsstil des Chefarztes klagten, entließ ihn die Klinik fristlos.

Die Vorsitzende Richterin in Verden sagte bei der Güteverhandlung, dass nur außerordentlich gekündigt werden könne, wenn der Chefarzt eine erhebliche Verletzung seiner vertraglichen Pflichten begangen hätte. Der jedoch bestreitet weiter alle Vorwürfe. Sein Rechtsanwalt sagte vor Gericht, dass er alle Vorwürfe, die zur Freistellung geführt hätten, Punkt für Punkt widerlegen könne, das Klinikum hält weiter an der außerordentlichen Kündigung fest. Eine Aussicht auf Einigung gab es nicht, deswegen muss nun in der Beweisaufnahme ab Oktober weiterverhandelt werden.

Der Klinikbetreiber will im Zuge des Konflikts Standards und Abläufe der Rotenburger Kinder- und Jugendpsychia­trie mit einer unabhängigen, externen Qualitätskontrolle prüfen. Gareth Joswig

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