piwik no script img

Archiv-Artikel

Gedächtnis der Bilder

Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe schaffen erste feste Provenienz-Stelle Deutschlands. Kulturbehörde hilft mit Ausfallbürgschaft

von Petra Schellen

Es gibt tatsächlich Dinge, auf die Hamburg stolz sein kann, und dies sind beileibe nicht immer die politikerseits so beliebten Renommierprojekte. Im Gegenteil: Der Nachhaltigkeit – der Erforschung der Herkunft der zwischen 1933 und 1945 von Hamburger Museen erworbenen Kunstwerke – widmet sich seit 2000 Ute Haug, Provenienzforscherin an der Hamburger Kunsthalle, deren Vertrag Ende September auslaufen sollte – mangels Finanzierbarkeit.

Sturm gelaufen waren daraufhin die Verantwortlichen von Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe, denn bei weitem ist noch nicht alles erforscht, was notwendig ist, um die Rechtmäßigkeit eventueller Rückgabeforderungen von Nachfahren durch die Nazis enteigneter jüdischer Besitzer beurteilen zu können. Mühsamst war monatelang – auch mit der Kulturbehörde – um Finanzierungsmöglichkeiten gerungen worden.

Und siehe: Der Umwandlung in eine unbefristete Stelle hat der Stiftungsrat der Kunsthalle in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt. Eine Erleichterung nicht nur für die Stelleninhaberin, sondern auch ein beispielhafter Schritt in Richtung einer gründlichen Aufarbeitung von Besitzverhältnissen der Öffentlichen Hand, deren Eigentum alle musealen Exponate sind. Und wenn auch die Kulturbehörde nicht die ursprünglich gewünschten 40.000 Euro jährlich zur Verfügung stellte, hat sie immerhin eine Ausfallbürgschaft bereitgestellt.

Zu gleichen Teilen werden Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe die Stelle künftig finanzieren. Darüber hinaus soll Ute Haug kostenpflichtig an andere Häuser in Hamburg und anderen Städten „verliehen“ werden – etwa an das Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal, für das sie bereits gearbeitet hat – und so eine Art „Drittmittel-Akquise“ betreiben. Eine Herausforderung, die Ute Haug gern annimmt; auch Kunsthallen-Geschäftsführer Tim Kistenmacher hält dies für ein „belastbares, tragfähiges Zukunftsmodell“.

Doch nicht nur die Seriosität von Auktionatoren der Kriegs- und Nachkriegsjahre soll Haug weiterhin akribisch recherchieren: Auch Symposien zur Provenienzforschung und Tagungen des von ihr gegründeten „Arbeitskreises Provenienzforschung“ wird es weiterhin geben – ein wichtiges Netzwerk, ist Ute Haug doch die einzige Provenienzforscherin Deutschlands, die eine feste Stelle hat. Ein hochlöblicher Sachverhalt, den jetzt auch Kultursenatorin und Stiftungsrats-Mitglied Karin von Welck (parteilos) bestätigte. Ob sie ihn auch begrüßt, lässt das kulturbehördliche Statement allerdings offen. Es ist wohl zu vermuten.