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Archiv-Artikel

Schwerkranker Neonazi-Anwalt

Er ist die graue Eminenz der NPD. Oder war er es? In Internetforen kursierte am Dienstagnachmittag die Nachricht, dass Jürgen Rieger, einer der einflussreichsten Rechtsextremen des Landes und Vizechef der NPD, bereits verstorben sei. Klar ist: Am Samstag klagte Rieger auf einer Parteivorstandssitzung über Beschwerden.

Das bestätigte Klaus Beier, der NPD-Sprecher, am Dienstag der taz. „Ein Kamerad fuhr ihn zum Krankenhaus. Sein Zustand ist ernst.“ Alle weiteren Aussagen zum Zustand Riegers müsse die Familie tätigen, sagte Beier weiter. Im Internet wird mehrfach über einen Schlaganfall spekuliert, den Rieger erlitten habe. Nach Auskunft des Hamburger Verfassungsschutzes steht es schlecht um den bekannten Neonazi. Man habe schon erwartet, dass Rieger am Wochenende nicht mehr aufwache, sagte Manfred Murck, Vizechef des Landesverfassungsschutzes, der taz.

Der 63-jährige Rieger ist für die rechtsextreme Partei gleich aus mehreren Gründen wichtig. Der schwerreiche Anwalt aus Hamburg-Blankenese funktioniert seit Jahren als Scharnier zwischen dem militanten Spektrum und alten Kadern. Ihm vertrauten jahrzehntelang hochbetagte ehemalige NSDAP-Mitglieder Geld und Immobilien an. Mit diesem Kapital gelang es Rieger, in mehreren Orten in Deutschland Immobilien zu kaufen – oft begleitet von heftigen Protesten der BürgerInnen. Die Häuser nutzt die NPD für Versammlungen, Konzerte und Schulungen, so etwa in Pößneck in Thüringen oder in Dörverden in Niedersachsen. Dort wollte Rieger „arische Fruchtbarkeitsforschung“ betreiben. Rieger stand wegen Volksverhetzung und Körperverletzung vor Gericht.

Rieger dachte strategisch, organisierte etwa im Hintergrund die Gespräche für den so genannten Deutschland-Pakt – eine Kooperation zwischen NPD und der rechten DVU. Vor allem aber füllte er der NPD immer wieder die leeren Parteikassen aus seinem Vermögen auf. Bisher ist nicht bekannt, wie sein Privatvermögen und das von Rieger in Stiftungen und Vereinen verwaltete Vermögen im Todesfall vererbt werden würde. Nur eins ist klar: Seine nächsten Familienangehörigen haben nichts mit der rechten Szene zu tun. ANDREAS SPEIT