: Flitze, Seifenkiste, flitz
Hippen empfiehlt: „Das große Rennen“ von Andre F. Nebe ist ein Kinderfilm, in dem ein elfjähriges irisches Mädchen sich im Seifenkistenrennen bewährt
Von Wilfried Hippen
Der große Familienfilm für die Vorweihnachtszeit fällt diesmal aus. „Harry Potter“ kommt erst im nächsten Jahr wieder, der „Kleine Hobbit“ von Guillermo Del Toro ist noch lange nicht fertig und auch Tim Burtons „Alice im Wunderland“ kommt in dieser Saison nicht mehr in die deutschen Kinos. Da wirkt es schon fast verzweifelt, wenn die Disney Studios noch einmal versuchen, mit der „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens Geld zu machen. Aber auch Digital 3D und Jim Carrey in der Rolle des alten Misanthropen Scrooge dürften die angestaubte Geschichte nicht retten können.
So hat vielleicht ein kleiner, netter Kinderfilm aus Irland in den Kinos Chancen, die er in anderen Jahren so nicht bekommen hätte. Dabei ist „Das große Rennen“ im Grunde eher ein deutscher Film. Produzenten, Kameramann, Cutter und Filmmusiker sind alle von hier, nur der Regisseur, Schauspieler und alles andere, was man direkt auf der Leinwand sieht, sind irisch. Er hat zwar mit „Race“ auch einen Originaltitel, ist aber eher auf ein deutsches Zielpublikum zugeschnitten. Mit leuchtend roten Haaren und Sommersprossen sieht die Heldin genau so aus, wie sich ein deutsches Publikum ein irisches Mädchen vorstellt. In Dublin könnte das selbst für ein junges Publikum schon allzu dick aufgetragen sein, und auch Colm Meaney hat den irischen Daddy in Filmen wie „The Snapper“ schon sehr oft gegeben.
Aber all das wird deutsche Kinder kaum stören und dies ist auch gut so, denn „Das große Rennen“ ist einer von den Filmen, in die Eltern ihre Sprösslinge ruhig schicken können. Mary Kensey heißt die ebenso robuste wie liebenswerte Heldin des Films, die in der tiefsten irischen Provinz lebt aber seltsamerweise als einzige von ihren MitschülerInnen dafür gehänselt wird, dass sie Matsch an den Schuhen hat und nach Stall riecht. Wie ihr einziger Freund Tom wird sie übel gemobbt, aber zusammen verwandeln sie die Quälereien in ein Spiel, bei dem derjenige gewinnt, der am meisten abgekommen hat.
Auch sonst hat die Elfjährige ernste Probleme, denn der Hof der Familie steht kurz vor der Pleite und ihre Eltern lassen sich vielleicht scheiden. All diese Themen behandelt der Film ernsthaft und mit viel Einfühlungsvermögen. Und er erzählt alles konsequent aus der Perspektive der Protagonistin. So wird nicht gezeigt, warum die Eltern sich trennen wollen oder warum der Betrieb sich nicht rechnet. All das bricht über das kleine Mädchen und somit auch die kleinen Zuschauer herein, es wird gezeigt, wie sie damit umgeht. Natürlich steht im Vordergrund des Films das titelgebende große Rennen mit Seifenkisten und es ist auch spannend als großes Finale inszeniert. Aber die Filmemacher lassen es sehr geschickt wie einen Köder vor den Augen der Zuschauer baumeln und erzählen nebenbei eine ganz ernsthafte und lehrreiche Geschichte über die Schwierigkeiten, mit denen in der einen oder anderen Art und Weise die meisten Kinder umgehen müssen. Dies lernen sie in „Das große Rennen“, obwohl nie ein pädagogischer Zeigefinger auftaucht. Denn das Rennen ist ja soo spannend.