piwik no script img

Handelskrieg USA – Ruanda um das letzte Hemd

USA drohen mit Vergeltung, weil Afrika sich mit Zöllen gegen den Import von Alttextilien wehrt

Es geht nicht um Stahl oder Aluminium und auch nicht um Autos – und trotzdem droht ein Handelskrieg mit der mächtigsten Wirtschaftsnation der Welt. Das kleine afrikanische Ruanda ist wegen alter Klamotten ins Fadenkreuz der „America first“-Politik von US-Präsident Donald Trump geraten.

Afrikanische Staaten sind ein lukrativer Markt für US-Firmen, die Altkleider sammeln und dorthin verkaufen. Das hat allerdings gravierende Nachteile für die Wirtschaft der dortigen Staaten. Billige Gebrauchtkleidung überschwemmt die afrikanischen Märkte mit der Folge, dass die einheimische Textilindustrie in die Knie geht.

Dies ist gerade für Ruanda ein Problem, das für den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Völkermord von 1994 auf die Textilindustrie setzt. Wie auch Kenia, Tansania und Uganda beschloss das Land, seine Wirtschaft mit Schutzzöllen vor der Altkleiderschwemme aus den USA zu schützen. Ruanda erhöhte die Zölle von 20 Cent auf 2,50 Dollar je Kilogramm.

Dies rief umgehend den US-Verband der Alttextilienfirmen (Smart) auf den Plan, der sich beim US-Handelsbeauftragten (USTR) darüber beschwerte. 24.000 Jobs in den USA seien wegen der höheren Zölle verloren gegangen, behauptet der Verband, ohne die Zahl allerdings konkret zu belegen. Beim USTR erkannte man eine unfaire Behandlung der USA und drohte den afrikanischen Staaten, ihnen bisherige Privilegien bei Exporten in die USA zu entziehen.

Dabei geht es um das US-Gesetz für Wachstum und Chancen in Afrika (AGOA) aus dem Jahr 2000, mit dem die USA damals die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent fördern wollten. Dazu gehörte auch der zollfreie Export von 6.500 afrikanischen Gütern in die USA, darunter Textilprodukte. Für Länder wie Ruanda eröffnete sich damit die Möglichkeit, einen Industriezweig zu entwickeln, der Tausende Arbeitsplätze und eine eigene wirtschaftliche Basis schuf. Unterlaufen wurde dies aber durch Altkleiderlieferungen – insbesondere aus den USA.

Deren Drohungen beim Streit um die Schutzzölle gegen die alten amerikanischen T-Shirts und Hosen zeigten indes Wirkung: Kenia, Tansania und Uganda knickten ein und kassierten ihre Aufschläge für die Importe der Secondhand-Klamotten wieder. Nur Ruanda hielt an den Schutzzöllen fest und ließ ein US-Ultimatum am Montag verstreichen. Damit könnte sich der amerikanische Textilmarkt für das Land verschließen.

Rosa Whitaker, die einst unter US-Präsident Bill Clinton als Handelsbeauftragte für Afrika an dem AGOA-Gesetz mitgewirkt hatte, bezeichnete das Vorgehen der Trump-Regierung als Mobbing. Sie warnte vor den Folgen. Die afrikanischen Staaten beobachteten die Vorgänge genau und fühlten sich sitzen gelassen. Die USA trieben sie damit in die Arme Chinas, warnt sie. (rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen