piwik no script img

Dekorative Grabeskühle

Post-Punk-Sommerprogramm: Werkschau des Fotografen Anton Corbijn im Bucerius Kunstforum

Von Alexander Diehl

Ein Haus wie das Bucerius Kunstforum den Sommer hindurch zu betreiben – heute wie auch künftig in touristischer Bestlage –, kann eine Herausforderung sein: Wie viel kuratorische Ambition verträgt die Zeit, in der das Publikum zu großen Teilen verreist, dafür noch mehr Menschen in die Stadt kommen, für die eine Kunstschau nur eine Blume ist im großen, bunten Fremdenverkehrsstrauß? Und sprechen wir nicht vom Wetter.

Statt nun aber einfach etablierte Meisterflamen zu zeigen oder Norditalien-Ansichten aus drei Jahrhunderten, verpasst sich das Haus – als Beitrag zur Triennale der Photographie – eine Sommerbespielung, die als gefällig gelesen werden kann – aber eben nur unter anderem: knapp 120 Fotos von Anton Corbijn.

Den haben sie in Hamburg spätestens ins Herz geschlossen, als er 2014 dort den John-le-Carré-Thriller „A Most Wanted Man“ verfilmte, mit Philip Seymour Hoffman in seiner letzten großen Rolle. Da hatte der 1955 geborene Corbijn, der einst Post-Punk-Bandfotos und -Plattencover schoss, längst eine ganze Musikvideo-Schule begründet und mehrere „richtige“ Filme gedreht. Die Ausstellung würdigt nun mehrere seiner Schaffensphasen: Es gibt welche von diesen zu Pop-Ikonen gewordenen Schwarz-Weiß-Fotos, eine Serie Grabstättenbilder von 1982 und eine, in der Corbijn sich selbst ablichtete – in der Rolle toter Rockstars; überhaupt: viel Tod bei alldem.

So ist doch noch vom Wetter zu sprechen: Angenehm klimatisiert versinken in einem Abzug der Post-Punk-Existenzialisten Joy Division, in ihren Weltkriegswollmänteln im zugigen Underground-Tunneln – was könnte besser helfen gegen Hamburger Hitze?

7. 6. bis 6. 1. 2019, Bucerius Kunstforum, Hamburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen