berliner szenen Interessante Oberteile

Der Reißverschluss

Wir saßen im schicken Glaswürfel neben dem Café Moskau, ein Kunstmagazin feierte seine Geburt. Wir hießen es willkommen mit kleinen grünen Bierflaschen und gelegentlichen Blicken hinüber zum Tisch, an dem der vermutliche Chefredakteur saß. Alles war da – DJ, weiches Licht, junge Menschen mit interessanten Oberteilen. Doch bald wurde uns der Blick auf die verwischten Lichter der Karl-Marx-Allee langweilig, die wichtigsten Gesprächsthemen waren aufgebraucht, die Musik fand keine Tänzer. Wir gaben den Abend schon verloren.

Da trat, am Arm eines jungen Mannes, der Reißverschluss durch die Tür. Die Gespräche stockten, ein Raunen und Zischeln ging durch den Raum. Der Reißverschluss hing, mehr offen als geschlossen, asymmetrisch am goldbraunen Rücken einer Blonden. Das schwarze Kleid, das er kaum zusammenhielt, schien bei jedem Schritt tiefer zu rutschen. Die linke Schulter war bereits entblößt, der Rücken: nackt. Die Blonde bestellte ein Bier.

Mein Begleiter D. hielt hörbar den Atem an: Das mittlerweile sehr verrutschte Stoff-Fähnchen bot die volle Seitenansicht einer goldbraunen Brust dar. Schon kam das Gespräch wieder in Schwung. Begleiterin S. dozierte, ganz neidlos, über die Schönheit weiblicher Schulterblätter, D. dachte intensiv über die Gesetze der Schwerkraft nach.

Später, am Alex, bestand ein blond gefärbter Russe darauf, mit mir auf den Nachtbus zu warten. Er lehnte an einem Bauzaun, seine schwarze Lederjacke verschmolz mit der Nacht. Nur die silbernen Zähne des Reißverschlusses schimmerten. Erst als mein Bus kam, zog ich daran. Der Kraftaufwand war größer als erwartet. Das Oberteil darunter nicht interessant. Ich stieg ein und winkte. NINA APIN