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Umweltproblem smarte HaushaltsgeräteSmarte Kühltruhe als Stromfresser

Bei der Vernetzung von Haushaltsgeräten sieht eine neue Studie sowohl Risiken als auch Chancen für die Umwelt – und viel politischen Handlungsbedarf.

Das Grün trügt: „Smart Homes“ haben ein Umweltproblem Foto: dpa

Berlin taz | Die Vernetzung macht’s möglich: Wenn daheim das Suppengemüse aus ist, kontaktiert die smarte Tiefkühltruhe den Supermarkt und bestellt Nachschub. Internetfähige Haushaltsgeräte sollen das Leben einfacher machen und erfreuen sich steigender Beliebtheit. Doch sind sie auch nachhaltig?

Eine am Dienstag vorgestellte Studie des Borderstep Instituts im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Die zunehmende digitale Vernetzung von Haushaltsgeräten geht mit erheblichen Umweltrisiken einher. „Der Trend wird zu einem Mehrverbrauch an Energie und anderen Rohstoffen führen, wenn die Politik nicht rechtzeitig durch geeignete Maßnahmen gegensteuert“, sagt BUND-Energieexpertin Irmela Colaço.

Wenn alle 8,5 Milliarden Haushaltsgeräte in Europa untereinander vernetzt würden, stiege der Energiebedarf um 70 Terawattstunden. Das entspricht laut Berechnungen der Studienautoren dem jährlichen Stromverbrauch aller Haushalte in Italien. Vernetzte Haushaltsgeräte verbrauchen vergleichsweise viel Strom. Damit man sie jederzeit ansteuern kann, verbleiben sie meist im Stand-by-Modus. So beträgt laut Studie der Energiebedarf von LED-Leuchten in Bereitschaft 35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs.

Ein weiteres Problem ist der Ressourcenverbrauch. Updatefähigkeit, Virenanfälligkeit, Vereinbarkeit mit anderen Geräten und Innovationsdruck senken die Nutzungsdauer der Haushaltsgeräte, haben die Forscher*innen ermittelt. Dies sei besonders unbefriedigend, denn die Mikroelektronik der Geräte sei auf „Konfliktrohstoffe“ angewiesen.

Ökologische Risiken der Digitalisierung

Die Autor*innen mahnen, dass zudem untersucht werden müsse, inwiefern die neuartigen Geräte ressourcenintensives Konsumverhalten begünstigen. Vernetzte Kühlschränke würden zum Beispiel zur Nutzung von Lieferdiensten einladen. Vernetzte Haushaltsgeräte benötigen auch größere Serverkapazitäten für die Bewältigung des hinzukommenden Datenvolumens. Das führt zu höheren Stromkosten.

Smarte Lösungen dienten bisher vor allem als Motor für weiteres Wirtschaftswachstum, sagt BUND-Sprecherin Colaço. Ihre Folgen für die Umwelt und zukünftige Generationen würden dabei kaum berücksichtigt. „Das ist unverantwortlich.“ Die Bundesregierung müsse die ökologischen Risiken der Digitalisierung wirksam minimieren.

Die Folgen für die Umwelt werden kaum berücksichtigt

Irmela Colaço, BUND-Expertin

Die Studie schlägt eine Verschärfung der europäischen Ökodesign-Richtlinie vor, die den Stromverbrauch elektronischer Haushaltsgeräte regelt. Der zulässige Stromverbrauch im Bereitschaftsbetrieb müsse gesenkt und Ausnahmen von drahtlosen Geräten gestrichen und Produktkategorien klarer definiert werden.

Trotz der Probleme sieht der BUND jedoch auch Sparpotenziale durch die Digitalisierung der Haushalte: Automatisiertes Energiemanagement bei Heizungen könne den Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent senken. Bei der Förderung der Einsparpotenziale sieht die Studie ebenfalls Nachholbedarf. Colaço resümiert: „Die Chancen der Digitalisierung im Heizungskeller hat die Politik bisher verschlafen.“ (mit dpa)

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6 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Wieso glauben viele immer noch, dass Vernetzung und Digitalisierung energieffizient ist? Bestenfalls könnte es dazu führen. Irgendwann vielleicht. Steigende Effizienz hat doch grundsätzlichlich nichts mit verbesserter Effektivität (sprich: Wirkungsgrad) zu tun. Wenn ich auch noch so gut "falsch" handele wird es doch nicht besser - gell?

  • 9G
    96702 (Profil gelöscht)

    Die Grundvoraussetzung für die Vernetzung von Haushaltsgeräten sollte nicht Faulheit, sondern Energieersparnis sein. Natürlich benötigt es mehr Energie wenn Geräte wie Kaffeemaschine, Kühlschrank und Gefriertruhe intelligent gemacht werden um einfach nur 2,3 Handgriffe zu sparen. Daher finde ich diese Hochrechnung doch ziemlich nichtsaussagend. Die Grundidee ist es ja, Geräte welche zeitlich unabhängig vom Menschen arbeiten können zu Zeiten zu starten, in welchen gerade ein Übermaß an Energie zur Verfügung steht. Beispiel dafür wären Ladestationen welche sich nach Feierabend selbst aussuchen wann das Auto geladen wird, Batterieanlage im Keller welche lädt sobald es ein Überangebot gibt, der ach so verhasste intelligente Zähler (sorry das heißt ja jetzt Smart Meter ;) ) .eventuell sogar der verrufene Wärmespeicher ist hier zu nennen. Man kann sich das vorstellen wie einen dezentralen Regelenergiemarkt ohne den eine Energiewende in Deutschland wirklich schwer wird. Voraussetzung dafür wären dynamische Strompreise wie es ja auch der Versorger selber kauft und verkauft. Zusammengefasst: Das Problem ist nicht das vernetzen, sondern das möglicherweise falsche Einsatzgebiet dessen.

    • @96702 (Profil gelöscht):

      Das ist doch alles Blödsinn - in meinem Haus z.B. gibt es keinen Verbraucher den ich asynchron zu meinem Tagesablauf laufen lassen möchte... Das einzige was mir ein Smartmeter bringt ist ein Strommehrbedarf und ein gigantisches Datenleck (am Strom kann man,schnell genug gemessen, sogar erkennen welches TV Programm ich grade sehe...)

       

      selbst die Wärmepumpe nicht, da die effizenter ist wenn es draußen warm ist und nicht nachts wenn der Strom n Cent billiger ist (mal abgesehen das da eh das Lärmminderungsprogramm ein anlaufen verhindert)

       

      Ach ja ich versteh übrigens was davon: Dipl. Ing. E-Technik...

      • 9G
        96702 (Profil gelöscht)
        @danny schneider:

        Hört Hört er hat studiert, muss also alles stimmen was er sagt;)

        Es geht hier auch nicht um heute und erst recht nicht um Sie sondern um die Versorgung in 20 Jahren wo mehr Leute E-Autos, eventuell Batterieanlagen besitzen und die AKW´s und Kohlekraftwerke vielleicht schon abgeschalten sind. Aber genau jetzt müssen solche Fragen gestellt werden um einen Übergang zu bekommen. Klar sind es Einschränkungen, aber ohne diese werden wir in keinem Bereich Ressourcenschonender. Das mit dem Wärmespeicher haben Sie (trotz ihres E-Technik Studiums) nicht ganz verstanden. Hier möchte ich nicht nachts erwärmen sondern tagsüber wenn beispielsweise Solarfelder zu viel produzieren. Energieregelung ist ein wichtiger Faktor für die Energiewende, das stellen Sie hoffentlich nicht in Frage.

  • Ich habe das mal fix durchgerechnet. Wenn 8500000000 Geräte 70000000000000 Watt/h verbrauchen, dann muss dafür jedes Gerät 8235 Watt/h verbrauchen, oder anders gesagt ungefähr 950 Watt verbrauchen. Eine Philips Hue braucht ungefähr 0,5 Watt. Ich weiss nicht warum eine Smarte Waschmaschine plötzlich 950 Watt mehr verbrauchen soll als eine "nicht-smarte".

    • @derDean:

      Weil die Server die die Daten des smarten Gerät klimatisiert sind, Datentransfer kostet Energie...

      Davon abgesehen dass jeder der sich sein Bio Orangen elektrisch presst Energie verschwindet.