Lars Penning
Filme aus dem Archiv –
frisch gesichtet
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Bereits in dem Schizophrenie-Thriller „Perfect Blue“ (1998) und dem im Kinomilieu spielenden Liebesdrama „Millennium Actress“ (2002) war die konsequente Vermischung verschiedener Realitätsebenen das Markenzeichen des japanischen Anime-Regisseurs Satoshi Kon: Gegenwart und Vergangenheit, Wahn und Wirklichkeit wirbeln in seinen Filmen in einem knallbunten Strudel am Zuschauer vorbei. „Paprika“ (2006) treibt dies auf die Spitze: In dem Thriller um die Suche nach einem gestohlenen Gerät, das Träume sichtbar macht und manipulieren kann, wissen bald weder die Wissenschaftler eines psychiatrischen Forschungsinstituts noch ein in den Fall verwickelter Polizist, wer hier gerade was träumt und in wessen Traum man sich überhaupt befindet. Kindheitserinnerungen vermengen sich mit ins Albtraumhafte verzerrten Szenen klassischer Hollywoodfilme, und das Unterbewusste der Protagonisten tritt in Eifersuchts-, Allmacht- und Schuldfantasien zutage. Zu sehen gibt es „Paprika“ im Rahmen des Anime Berlin Festivals, das im Babylon Mitte bis zum 20. Mai zu Gast ist (OmEnglU, 12. 5., 20 Uhr, 16. 5., 17.45 Uhr, Babylon Mitte).

Der amerikanische Regisseur Frederick Wiseman ist für seine dokumentarischen Institutionen-Porträts berühmt, in denen er die Interaktion zwischen gesellschaftlichen Einrichtungen und dem Leben der Bürger hinterfragt. In „National Gallery“ (2014) widmet er sich der bedeutenden Gemäldegalerie am Trafalgar Square in London und analysiert dabei sowohl das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Arbeit und Marketing als auch die Anstrengungen, die dort in Sachen Kunstvermittlung gegenüber einem interessierten Publikum geleistet werden. Folglich werden Budgetpläne diskutiert und Gemälderestaurierungen erklärt, Bilder interpretiert und über Wohltätigkeitsveranstaltungen gestritten. Stück für Stück setzt sich auf diese Weise das Puzzle einer Institution zusammen, die für Wiseman auch immer die Gesellschaft repräsentiert, in der sie existiert (OmU, 13. 5., 18 Uhr, Zeughauskino).

Ebenfalls zur Filmreihe „Film und Museum“ gehörig, zäumt „House of Wax“ (1953) das Thema von einer vollkommen anderen Seite auf: Andréde Toths Horrorfilm um den wahnsinnigen Betreiber eines Wachsfigurenkabinetts, dessen lebensgleiche Exponate ein grausiges Geheimnis bergen, lotet recht erfolgreich die Möglichkeiten der 3-D- Fotografie aus: Wenn hier die Köpfe der in einem Feuer schmelzenden Wachsfiguren davon­rollen, unterstützt die Plastizität überzeugend die unheimliche Atmosphäre des Films. (OF, 12. 5., 21 Uhr, Zeughauskino).