piwik no script img

heute in hamburg„Pimmelwitze haben Konjunktur“

Foto: Julia Cawley

Andre Kramer, 38, steht seit fünf Jahren als Comedian auf der Bühne. Gerade tourt er mit seiner Show „Zuckerbrot ist alle!“ durch Deutschland.

Interview Cara Westerkamp

taz: Herr Kramer, während der G20-Demo standen Sie mit einem Pappschild auf der Straße: „Ich bin Anwohner und gehe nur kurz zu Edeka“. Das Foto ging um die Welt. Mal ehrlich, wollten Sie wirklich zu Edeka?

Andre Kramer: Ich wollte einfach nur einkaufen. Ich bin raus, zehn Meter weiter haben die ersten Fotos von mir gemacht, 20 Minuten später machten die bei Whatsapp die Runde und danach bei Facebook. Dann hat mich meine Oma angerufen und gesagt, dass da ein Typ im Fernsehen ist, der aussieht wie ich. So bin ich nicht zum Einkaufen gekommen und an dem Abend hungrig ins Bett.

Das Foto ist auf den Plakaten zu Ihrer Comedy-Tour „Zuckerbrot ist alle!“. War die G20-Aktion ein Karriere-Kick?

Am Morgen der Demo hatte ich auf Facebook 1.000 Fans, am Abend waren es 8.000. Ich habe Screenshots bekommen aus Amerika, aus China, aus Australien, das war völlig irre.

In Ihrem Programm geht es nun um etwas anderes: Sexuelle Befriedigung durch Schmerz und Demütigung. Was ist daran witzig?

Witze im sexuellen Kontext laufen immer gut. Der Pimmelswitz hat gerade wieder Hochkonjunktur. Und ich bin der Mensch für den gehobenen Pimmelwitz.

Was waren Sie zuerst: Klassenclown oder Peitschenfetischist?

Klassenclown, das fing in der Grundschule an. In der Pubertät habe ich dann gemerkt, dass ich mich sexuell in eine besondere Richtung entwickle.

Warum haben Sie das Thema für ihre Show gewählt?

Ich möchte es entmystifizieren: Fetisch, Sadomaso, Fesselspiele. Ich möchte da diese ablehnende Dynamik rausnehmen, und zwar mit Humor. Ich probiere, die Menschen dazu zu animieren, ihren eigenen Fantasien nachzugehen. Zu ihrem Kopfkino zu stehen. Erfahrungen zu machen, die seit Jahren schon an die Schädeldecke anklopfen. Viele denken bei dem Thema gleich an eine psychosomatische Störung.

Ihnen fällt es scheinbar leicht, darüber zu reden.

Am Anfang hat es mich sehr viel Mut gekostet, und ich dachte, das geht vorbei. Doch es fühlt sich immer noch jeden Abend auf der Bühne wie ein Outing an. Aber das lohnt sich. Neulich habe ich eine Mail von einem Paar bekommen, die nach meiner Show das erste Mal auf einer Fetisch-Party waren. Die waren begeistert und werden das jetzt öfter tun.

Comedy-Tour „Zuckerbrot ist alle!“, 20 Uhr, Gruen­span, Große Freiheit 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen