piwik no script img

Sozial- und ökoproduzierte KleidungMinister will den grünen Knopf

Rock und Hose, fair und öko: Gert Müller holt die Idee eines staatlichen Siegels aus der Altkleiderkiste. Damit erntet er vor allem Kritik.

Wurde schon auf der Grünen Woche 2017 vorgestellt: der grüne Knopf Foto: Imago

Berlin taz | Schon 2019 soll ein grüner Knopf VerbraucherInnen Orientierung beim Shoppen bieten. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung arbeite daran, „den grünen Knopf als Siegel für faire Kleidung nächstes Jahr gemeinsam mit der Textilwirtschaft umzusetzen“, sagte Minister Gerd Müller (CSU) der Frankfurter Rundschau.

Der grüne Knopf werde anspruchsvolle Standards im ökologischen und sozialen Bereich entlang der gesamten Lieferkette abdecken, heißt es aus dem Ministerium. Die Gespräche über die Ausgestaltung des Siegels werden jetzt im Textilbündnis geführt. Die Idee eines staatlichen Produktsiegels, das dem Verbraucher Orientierung bietet, ist schon vier Jahre alt. 2014 hatte Müller den grünen Knopf das erste Mal ins Spiel gebracht, war aber mit der Idee bislang an der Textilwirtschaft und auch Teilen der Zivilgesellschaft gescheitert.

Nun also ein neuer Versuch. Kirsten Brodde, Textilexpertin von Greenpeace, begrüßt das: Ein „grüner Knopf“ könne den Markt für sozial und ökologisch produzierte Kleidung entscheidend entwickeln, ähnlich wie das dem EU-Biosiegel für Lebensmittel gelungen sei, so Brodde. Hier existierten das staatliche Siegel und Label wie etwa Demeter nebeneinander. „KundInnen, die mehr tun möchten, könnten ja im Textilbereich auch künftig zu Siegeln wie dem GOTS oder der Fair Wear Foundation greifen“, sagt Brodde. Der grüne Knopf würde dann einfach signalisieren: Das hier ist ok.

Vage und realitätsfern

Gisela Burckhardt von Femnet hingegen hält nicht viel vom grünen Knopf: „Ich wundere mich, wie der Minister zu 100 Prozent sicher sein kann, dass die Kleidung fair ist“, so Burckhardt, „wie will er das kontrollieren?“ Die meisten Unternehmen, die heute im Textilbündnis sind, produzierten noch nicht fair, kritisiert die Frauenrechtlerin. „Ein Weg, um faire Kleidung möglich zu machen, wäre, Unternehmen gesetzlich zu verpflichten darauf zu achten, dass ihre Zulieferer die Menschenrechte nicht verletzen und Umwelt- und Sozialstandards einhalten“, sagt Burckhardt, „mit freiwilligen Maßnahmen kommen wir leider viel zu langsam vorwärts“.

Gegenwind erhält Müller erneut aus der Wirtschaft. Eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie kritisierte: „An unserer Haltung hat sich nichts geändert. Auch vier Jahre nach Ankündigung eines Textilsiegels sind die bisher bekannten Planungen des Ministers vage und absolut realitätsfern.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!