: Richtig gerechnet
GREEN IT Die Wirtschaft lebt heute von schneller Kommunikation und leistungsfähiger Datenverarbeitung. Intelligente Investitionen können verhindern, dass Stromverbrauch und Ausgaben massiv steigen
VON LARS KLAASSEN
Ohne Computer geht heute nichts mehr. Doch mit der Rechenleistung steigt der Energieverbrauch – vor allem, wenn die Infrastruktur alt ist. Heute liefern die neuesten Rechner aus 1 Kilowatt Strom ungefähr doppelt so viel Rechenleistung wie noch vor einem Jahr. „Investitions- und Betriebskosten müssen zusammen betrachtet werden“, sagt René Wienholtz, Vorstand für Technologie und Innovation der Strato AG, Europas zweitgrößtem Webhoster. Die Plattformen der Strato AG werden etwa alle fünf Jahre generalüberholt. „Das entspricht dem Technologiezyklus, bei dem eine Grunderneuerung ansteht“, so Wienholtz.
Um die Klimatisierung zu optimieren, wird schon mal mit der Infrarotkamera sondiert. Und auch Details rechnen sich: Direkt angetriebene Lüfter verbrauchen 20 Prozent weniger Strom als ältere Modelle mit Riemenantrieb. Eine Investition dieser Art hat sich nach einem halben Jahr bereits amortisiert.
„Vor allem, wenn die Infrastruktur nicht mehr zeitgemäß ist, wird zu viel Energie verbraucht“, bestätigt Wolfgang Nebel, Vorsitzender des Vorstands des Oldenburger Offis – Institut für Informatik. Das Institut entwickelt neue Verfahren für Server, mit deren Hilfe die zum jeweiligen Zeitpunkt benötigte Rechen- oder Kommunikationsleistung auf eine möglichst kleine Anzahl von Rechnern oder Netzwerkkomponenten konzentriert werden kann, damit die übrigen Ressourcen abgeschaltet und nur für Spitzenlasten vorgehalten werden können.
Laut Bundesumweltministerium können Rechenzentren in sieben Dimensionen energieeffizienter gemacht werden:
Daten und Applikationen werden bis zu einem Drittel nicht mehr benötigt, befinden sich aber trotzdem auf Servern, die dafür Energie benötigen. Auch das Ausmaß, in dem vergleichbare Applikationen Hardware-Ressourcen verbrauchen, unterscheidet sich oft erheblich.
Virtualisierte Umgebungen können die Auslastung der Server von 5 bis 15 Prozent auf 60 bis 85 Prozent steigern: Statt beispielsweise 100 Server zu betreiben, die nur zu je 20 Prozent ausgelastet sind (und trotzdem die gleiche Menge Strom verbrauchen), wird ein leistungsfähiger Rechner zugeschaltet. Dieser simuliert die Arbeit der Server. Deren Zahl kann so auf 25 reduziert werden. Dadurch werden rund 50 Prozent weniger Strom verbraucht.
T-Hardware: Beim Serverkauf sollte neben den üblichen Anforderungen auch die Energieeffizienz berücksichtigt werden.
Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) garantiert den Betrieb bei kurzen Stromausfällen, meist batteriebetrieben. USV sollte einen Wirkungsgrad von mindestens 90 Prozent haben und nicht überdimensioniert sein. Es gibt Fälle, in denen eine „vorsichtige“ Überdimensionierung jährlich unnötige Stromkosten in Höhe von 2.000 Euro verursachte – mehr, als eine neue USV der richtigen Leistungsstufe gekostet hätte.
Kühlung: Bei älteren Rechenzentren kann der Energieaufwand dafür in derselben Höhe liegen wie der Verbrauch der IT-Hardware. Moderne Kältemaschinen verfügen über getrennte Kalt-/Warmgänge und garantieren verlustfreie Luftführung.
Gebäudeplanung und Wärmenutzung: Die Abwärme – von Rechnern wie generell höheren Temperaturen im Rechenzentrum – ist zur Beheizung von Büroflächen geeignet. Ebenfalls wichtig: Beschattung der Fassade durch Bäume und ein möglichst kühler Platz für Rückkühler.
Bezug von Ökostrom kann die aus dem Betrieb eines Rechenzentrums resultierenden CO2-Emissionen kalkulatorisch ebenfalls senken. Finanzielle Vorteile bringt das für den Betreiber in der Regel aber nicht.
Die Bundesregierung fördert mit über 400 Millionen Euro eine Reihe von Green-IT-Programmen und -Projekten: Neben der „Präsentation von Best-Practice-Beispielen“ und der Bildung von „Kompetenzzentren“ können Betreiber von Rechenzentren sich über Energie-Einsparpotenziale informieren. Hierfür hat der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) ein Konzept für entsprechende Analysen in Rechenzentren entwickelt. Bitkom-Präsidiumsmitglied Martin Jetter: „Nach einer aktuellen Umfrage kennen nur 7 Prozent der deutschen IT-Entscheider den Energiebedarf der eigenen IT!“
„Green IT beschränkt sich nicht allein auf Energieeffizienz“, meint Bertram Smolny, Leiter der Abteilung Wissenschaftliche Datenverarbeitung am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. „Welche Umweltkosten die IT durch anfallenden Elektroschrott produziert, wird meist gar nicht berücksichtigt.“ Die Philosophie des Wachstums müsse auch bei Bits und Bytes für eine postkarbone Zivilisation überdacht werden: „Überlegungen zu einem ‚Energieeinspeisegesetz‘ fürs Internet etwa wären ein sinnvoller Schritt.“