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: Fall Selmayr: Generalsekretär bleibt, der Streit aber auch

Für die EU-Kommission ist es das Ende eines unnötigen Streits. „Wir haben die internen Regeln nach Geist und Buchstaben befolgt und werden die Nominierung des neuen Generalsekretärs nicht rückgängig machen“, teilte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) am Mittwoch mit. Für ihn und seinen Chef Jean-Claude Juncker ist der Fall erledigt – der umstrittene deutsche Jurist Martin Selmayr bleibt, wo er ist.

Doch für das Europaparlament ist das „Selmayrgate“ längst nicht ausgestanden. In einer Entschließung kritisieren die Abgeordneten die „handstreichartige Aktion“, mit der Juncker und Oettinger den CDU-nahen Deutschen Ende Februar zum Generalsekretär befördert hatten. Die Behörde müsse auch anderen Kandidaten die Möglichkeit zu Bewerbung geben, verlangen die Parlamentarier. Damit solle eine „größere Auswahl potenzieller Bewerber“ ermöglicht werden.

Wird der „Fall Selmayr“ also neu aufgerollt? Muss die Stelle des Generalsekretärs vielleicht sogar neu ausgeschrieben werden? Dieser Ansicht sind Linke und Grüne – doch Sozialdemokraten und Konservative halten dagegen. „Die EU-Kommission dehnt die Regeln mit der Ernennung Selmayrs bis aufs Äußerste, sie bricht sie aber nicht. Dem Europäischen Parlament fehlt schlicht und einfach eine Rechtsgrundlage, um einen Rücktritt durchzusetzen“, erklärt der SPD-Parlamentarier Arndt Kohn.

Die schwarz-rote Mehrheit im Parlament verhinderte auch, dass die Entlastung des Haushalts für das Jahr 2016 verschoben wurde, wie es die Grünen gefordert hatten. Sie wollten so ein Zeichen setzen. „Es ist peinlich, dass sich Konservative, Sozialdemokraten und Liberale nicht dazu durchringen konnten, die Entlastung des Haushalts der EU-Kommission auf Eis zu legen, und sich davor drücken, der Missachtung ethischer Standards Konsequenzen folgen zu lassen“, ärgert sich der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold.

Und so bleibt das „Selmayrgate“ wohl ohne Konsequenzen. Das Europaparlament hat sich am Ende nicht getraut zuzubeißen. Denn niemand in Brüssel wollte ein neues politisches Erdbeben auslösen. Juncker hatte mit Rücktritt gedroht und sein politisches Schicksal an den Beamten Selmayr gebunden. Eine schärfere Resolution hätte den Sturz der gesamten Behörde auslösen können.

Doch Selmayr bleibt, Juncker auch. Dennoch geht der Streit über die Transparenzregeln in der EU-Kommission munter weiter. Sie sollen überarbeitet werden. Oettinger hat dazu einen „runden Tisch“ vorgeschlagen. Na, dann redet mal schön – hoffentlich in voller Transparenz! Eric Bonse, Brüssel