: Ausgeknockt in Überzahl
Der FC St. Pauli verliert auch sein Heimspiel gegen Union Berlin und rutscht nun zum Schluss der Saison noch auf den Relegationsrang ab. Planungen für die Dritte Liga laufen: 14 von 30 Verträgen weiter gültig
Es klang, als hätte das Team gesiegt. „Die Mentalität der Mannschaft hat gestimmt“, betonte St.-Pauli-Trainer Markus Kauszinski und Abwehrspieler Philipp Ziereis ergänzte: „Wir haben alles versucht und alles gegeben.“ Auch Sportchef Uwe Stöver hatte von seiner Mannschaft „ein Spiel mit Herz, Leidenschaft, Kampfgeist und großer Laufbereitschaft gesehen“.
Worte und Taten, sie passten nicht wirklich zusammen: Gerade hatte der FC St. Pauli das Zweitliga-Abstiegsduell gegen Union Berlin vor heimischer Kulisse mit 0:1 verloren – und das, obwohl mit den Berlinern die schlechteste Mannschaft der Rückrunde zu Gast war und diese nach einer gelb-roten Karte für Linksverteidiger Marvin Friedrich 40 Minuten lang in personeller Unterzahl agieren musste.
Tatsächlich hatte St. Pauli zuvor die beste erste Halbzeit seit Wochen gezeigt. Eng am Gegner und am Ball, stets bemüht, und auch mit einer Riesenmöglichkeit nach einer knappen halben Stunde in Führung zu gehen. Da musste der Berliner Innenverteidiger Toni Leistner nach einem Schlenzer von Christopher Buchtmann für seinen geschlagenen Torhüter auf der Linie klären. Doch auch die Berliner hielten dagegen und erarbeiteten sich zwei Großchancen. So war das 0:0-Halbzeitergebnis ein gerechtes Halbzeitresultat.
Als zehn Minuten nach Wiederbeginn die Berliner in Unterzahl gerieten und St. Pauli die Übermacht nur hätte ausspielen müssen, gab es einen unerklärlichen Bruch im Hamburger Spiel. „Von der Struktur her nicht mehr so sauber wie beim Elf gegen Elf“ sei das Spiel gewesen, befand Stöver. Die Folge: Nach einem knapp verzogenen Schuß von Sami Allagui, kurz nach dem Platzverweis, spielten die Hamburger keine Torchance mehr heraus.
Die Berliner aber hielten weiterhin munter dagegen und trafen nach Latte und Pfosten zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit durch Simon Hedlund doch noch das Tor. Am Ende der Partie gab es im ausverkauften Millerntor erstmals seit Langem neben aufmunternden „St. Pauli“-Rufen auch Pfiffe.
Denn der Abgrund ist nah: Vier Spieltage vor Schluss steht St. Pauli nach der erneuten Heimniederlage nun erstmals auf dem Relegationsplatz. Für den Klassenerhalt wären dann zwei erfolgreich bestrittene Abstiegsendspiele gegen den Drittliga-Zweiten erforderlich.
Nach der Niederlage gegen die Berliner, mit denen die Hamburger eine lockere Fanfreundschaft pflegen, machte sich am Samstag bei den Fans auch Unmut über Trainer Kauszinski breit, der das Team vor der Winterpause übernommen hat. Nach einem kurzen Höhenflug ist die damals auf Platz 14 rangierende Mannschaft nun auf Rang 16 abgesackt und steht damit so schlecht da wie noch nie in dieser Saison. Das Team stagniere, lautet die Analyse vieler Beobachter und auch kein einziger Spieler habe sich unter dem neuen Trainer weiterentwickelt.
Am Millerntor ist man nun auf den drohenden Abstieg eingestellt: 14 der rund 30 Spielerverträge, sagt Sportchef Stöver, würden auch für die Dritte Liga gelten, zudem werde man im Abstiegsfall zwei talentierte Spieler aus der Nachwuchsmannschaft „hochziehen“.
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