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Sparen in Südafrika

Kapstadt ist die erste Stadt weltweit, in der das Abstellen der Wasserhähne Realität werden könnte. Doch die Regierung will die Bevölkerung erziehen

Aus Johannesburg Martina Schwikowski

Der gefürchtete „Day Zero“ in der dürre­geplagten südafrikanischen Metropole Kapstadt ist verschoben worden. Der Tag, an dem die Wasserhähne trocken bleiben, war in den vergangenen Monaten mehrfach angekündigt worden. Jetzt hat die Regierung Hoffnung, dass besagtes Szenario dieses Jahr noch verhindert werden kann.

Aber die Wasserkrise bleibt: Südafrika hat die Dürre in Kapstadt und anderen Teilen des Landes vergangene Woche zur nationalen Katastrophe erklärt. Damit können nun leichter Hilfsgelder die Region direkt erreichen. In den drei Kapprovinzen im Süden des Landes sei die Trockenheit besonders ausgeprägt, sagt die Landesregierung.

Der „Day Zero“, also der „Tag null“, war zuletzt für den 9. Juli dieses Jahres erwartet worden. In der vergangenen Woche erklärte die in der Metropole regierende Oppositionspartei DA aber, durch jüngste Erfolge beim Wassersparen könne dies möglicherweise verhindert werden. Die Hähne könnten geöffnet bleiben, wenn die Bewohner sich weiterhin beim Wasserverbrauch einschränkten und im bevorstehenden Winter genug Regen falle.

Drohen

Das düstere Szenario, an 200 Wasserstellen in der Stadt eine zugeteilte Wasserration in Kanistern – unter Polizeibewachung – abholen zu müssen, hat wohl zu Einsparungen geführt.

Der Wasserverbrauch der Millionenstadt ist laut Premierministerin Helen Zille von 600 Liter täglich auf 520 Liter täglich gesunken. Die Stadt habe ihren Wasserverbrauch in den vergangenen drei Jahren um 60 Prozent verringert, sagte DA-Parteichef Mmusi Maimane. Mancher Kapstädter ist verärgert: Der „Day Zero“ sei als Drohung genutzt worden, um die Bevölkerung zum Wassersparen zu erziehen, glauben sie. Von Panik ist jetzt wenig zu spüren.

Warnhinweise zum Sparen gibt es überall. Die Einwohner nutzten Waschwasser für Pflanzen. Die Spülung soll nur benutzt werden, wenn es wirklich notwendig ist. Autowaschen ist verboten, und eine schnelle Dusche möglichst unter zwei Minuten angesagt. Swimmingpools dürfen nicht mehr mit Trinkwasser befüllt werden. Doch die Sparmaßnahmen treffen die Armen mehr als die Reichen. Wer Geld hat, lässt ein Loch im Garten bohren, und bereits nach wenigen Metern im Erdboden sprudelt oftmals klares Wasser. Die Stadt hat es verboten, um den Stand des Grundwassers stabil zu halten.

Handeln

Die Krise ist eine Mischung aus schlechter Planung seitens der Politiker, Klimawandel, Bevölkerungswachstum, aber auch mangelnde Infrastruktur angesichts sinkender Wasserpegel in den Dämmen. Erst jetzt werden Meerwasserentsalzungsanlagen gebaut.

Politiker in Kapstadt hätten schon vor drei Jahren etwas unternehmen müssen, sagte Mike Muller, südafrikanischer Wasserexperte und früherer Vorsitzender des Global-Agenda-Rats für Wassersicherheit beim Weltwirtschaftsforum. Die Wassersparaktionen und auch mal eine gute Regensaison werden helfen, die absolute Krise zu vermeiden, sagt Muller. Jedoch seien alle südafrikanischen Städte dem Risiko der Wasserknappheit ausgesetzt.

Die nördlichen Landesteile hatten zwar ausreichend Regen im vergangenen Jahr. Aber die Planung für die Zukunft in einem wasserarmen Land hinke in einem desolat organisierten Ministerium hinterher. Jetzt müssten in den regionalen Wasserkomitees Pläne abgesprochen werden, um solche Dramen wie den „Day Zero“ in Kapstadt landesweit zu verhindern.

Hinnehmen

Kapstadt ist die erste Stadt weltweit, in der das Abstellen der Wasserhähne Realität werden könnte. Viele Menschen haben sich derweil mit dieser Situation arrangiert. Hotels haben sich der Wassersparkampagne angeschlossen. Dennoch hat der „Day Zero“, den es bisher nicht gab, für Buchungsausfälle und Absagen von Reservierungen in der Tourismusbranche, einer wichtige Einnahmequelle für die Stadt, geführt.

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