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heute in hamburg„Plötzlich in einem Land im Orient“

Foto: privat

Viola Alianov-Rautenberg, 36, Historikerin, ist zurzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für die Geschichte der deutschen Juden.

Interview Alexander Diehl

taz: Frau Alianov-Rautenberg, wer waren die Juden, die in den 1930er-Jahren von Deutschland nach Palästina gingen?

Viola Alianov-Rautenberg: Zahlenmäßig waren es 60.000, Palästina war das zweitwichtigste Aufnahmeland nach den USA. Diese Einwanderer waren anders als der Durchschnitt der deutschen jüdischen Bevölkerung.

Warum das?

Die Möglichkeit der Einreise wurde damals von den Briten geregelt. Man konnte als „Kapitalist“ einreisen, wenn man zeigen konnte, dass man den Gegenwert von 1.000 britischen Pfund besaß. Wer das nicht hatte, konnte „Arbeiterzertifikate“ beantragen. Da war das Alter limitiert, von 18 bis 35 Jahren. Und diese Menschen mussten eine Ausbildung vorweisen, die in Palästina gebraucht wurde.

Wer wurde gebraucht?

Viele Leute haben in ein- oder zweijährigen Kursen Handwerk gelernt, Landwirtschaft, Bauarbeiter, Hauswirtschaft, Näherin. Dadurch hat sich das Berufs- und das demografische Profil der Emigranten etwas geändert gegenüber der jüdischen Bevölkerung in Deutschland.

Sie schreiben, die Neuen seien „nicht unbedingt mit offenen Armen auf­genommen“ worden.

Als die deutschen Juden kommen, ist das das Jahrzehnt vor der Gründung Israels; man nennt das auch „den Staat auf dem Weg“. Die Deutschen kommen also in einer sehr ideologischen Phase herein. Es gab, einerseits, vom Jischuw…

… der jüdischen organisierten Gemeinschaft in Palästina vor der Gründung Israels…

… enormen Einsatz, die deutschen Juden aufzunehmen. Andererseits gab es den sprichwörtlichen Mann und die Frau auf der Straße, und deren Haltung nahmen die Neuen als feindselig wahr. Das lag vor allem daran, dass die deutschen Juden und die „Ostjuden“ eine innige Feindschaft verband, also: westeuropäische und osteuropäische Juden. Der Schock der Neuen war, dass sie nun in einem orientalischen Land waren. Noch schlimmer: Sie waren plötzlich Außenseiter. Und die „Ostjuden“ hatten das Sagen; waren plötzlich ihre Arbeitgeber, Vermieter, saßen ihnen auf dem Amt gegenüber.

Gab es, so lange das noch ging, auch eine Bewegung zurück nach Europa?

Das ist ein Stereotyp, das sich bis heute hält: dass deshalb so viele zurückgegangen seien. Das stimmt aber nicht.

Vortrag „Zwischen Orientalen und Ostjuden. Deutsche Juden in Palästina“: 18.30 Uhr, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Beim Schlump 83

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