Jürn Kruse
Der Wochenendkrimi
: Köhler und Brasch bitten zur Therapie-Doppelstunde

Tja, Haus brennt. Ist blöd für René Ottmann (Thomas Loibl) Foto: Conny Klein/MDR

Solche Kommissare wie Dirk Köhler (Matthias Matschke) gibt es eigentlich nicht in ARD-Sonntagskrimis. Der ist immer nett, der hat ein geregeltes Privat­leben, der antwortet auf die Frage, warum er sich eigentlich nach Magdeburg versetzen ließ, damit, dass seine Frau halt eine Stelle in der Stadt bekommen habe und dass die beiden Kinder hätten. Der ist so – normal.

So sind Kommissare nicht. Zumindest nicht im Fernsehen. Dort sind Kommissarinnen so wie Köhlers Kollegin Doreen Brasch (Claudia Michelsen): überhaupt kein Privatleben; ein Sohn, der nicht mehr mit ihr spricht; abends ist der Platz am Tresen reserviert; und zur im Präsidium angebotenen Supervision – Köhler: „Sie haben doch die Stunde nach mir“ – geht eine wie Brasch natürlich nicht hin: „Keinen Bock.“

Doch auch wenn Brasch da keinen Bock drauf hat, wird dieser „Polizeiruf 110“ trotzdem zur Therapiestunde. Oder genauer gesagt zur Therapie-Doppelstunde, schließlich ist so ein Krimi 90 Minuten lang.

Zeit zur Problembewältigung bietet dieser „Polizeiruf“ jede Menge, denn er kommt fast die gesamte Zeit ohne Leiche und eigentlich auch ohne spannenden Fall aus: Das Haus von Bau­unternehmer René Ottmann (Thomas Loibl) ist angezündet worden. War es der entlassene Exmitarbeiter? Der in die Pleite getriebene Konkurrent?

Diese Frage lässt einen nicht die Nägel in die Sofakissen krallen. Und so können sich die Kom­missarInnen ihren „eigenen Defiziten“ widmen, oder wie Brasch es ausdrückt: „Eigene Defizite? Meinen Sie Kollege Köhlers Besessenheit von Routine, die es ihm ermöglicht, jeden Tag auf Autopilot zu schalten?“

Chef Uwe Lemp (Felix Vörtler) kriegt ob seiner Untergebenen gar einen kleinen Herzanfall. Er ist verzweifelt: „Brasch und Köhler reden nicht miteinander, jeder macht sein Ding!“

Anhören muss sich das Ganze der Psychologe Niklas Wilke (Steven Scharf), der in jeder Streitszene diesen Ich-hab-euch-durchschaut-aber-ich-lass-euch-selber-drauf-kommen-was-hier-schiefläuft-Blick aufsetzt. Das Problem: Das, was sich der Psychologe und somit auch die ZuschauerInnen über Braschs und Köhlers schlimme Zusammenarbeit anhören müssen, deckt sich überhaupt nicht mit den Bildern von deren Arbeit: Da kommen die beiden ganz gut miteinander klar. Und so wirkt dieser Beziehungskonflikt schlicht hochgejazzt und erzeugt auch keine Spannung. Gut für die Sofakissen. Schlecht für die Unterhaltung.

Magdeburg-„Polizeiruf 110“: „Starke Schultern“, So., 20.15 Uhr, ARD