Senat fährt Hartz IV bewusst an die Wand

Der Betriebsrat der Berliner Landesangestellten kritisiert die Umsetzung der Arbeitsmarktreform

Wegen der Umsetzung der umstrittenen Arbeitsmarktreform Hartz IV erhebt der Hauptpersonalrat des Landes Berlin schwere Vorwürfe gegen den rot-roten Senat. Vor allem die zuständigen Linksparteisenatoren Heidi Knake-Werner (Soziales) und Harald Wolf (Arbeit) würden die Reform „aus politischen Gründen bewusst gegen die Wand fahren“, sagte gestern der Vizechef des Gremiums, Uwe Januszewski. Auch Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) behindere die Umsetzung der Reform, indem er die Zustimmung zur Besetzung von Stellen verweigere. Der Hauptpersonalrat vertritt die im öffentlichen Dienst des Landes Beschäftigten. In den vergangenen Jahren führte er mit dem Senat harte Auseinandersetzungen, etwa über Lohnkürzungen und Stellenabbau.

„Aus den Augen, aus dem Sinn“ sei das Prinzip, nach dem der Senat offenbar handele, kritisierte Januszewski. Er nutze seine Möglichkeit nicht, über 800 Beschäftigte aus dem so genannten Stellenpool bei den Job Centern – die fürs Arbeitslosengeld II zuständigen Behörden – unterzubringen. Mit dem Inkrafttreten von Hartz IV sind die Arbeitsagenturen und die Kommunen, in Berlin die Bezirke, für die Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger zuständig. Das Land setzt Rahmenbedingungen und greift koordinierend ein. Nach Angaben des Personalrats gibt es bei den Jobcentern derzeit ein Personaldefizit von 357 Stellen.

Oft müssten die Sachbearbeiter teils bis zu 800 Arbeitslose betreuen, kritisierte Ulla Pingel vom Erwerbslosenausschuss bei Ver.di Berlin. Auch seien die Sachbearbeiter telefonisch nicht persönlich erreichbar, Informationen gebe es nur in Call Centern. Probleme gebe es allerdings auch in Brandenburg, so Pingel.

Kritik übte der Hauptpersonalrat auch an der Qualifizierung der Mitarbeiter der Jobcenter. In Berlin betrage die Fortbildungsdauer im Fallmanagement statt der üblichen 100 Doppelstunden oft nur 20. Januszewski bemängelte zudem die fehlende Bürgernähe der Job-Center, deren Standorte Arbeitsagenturen und Bezirke entschieden hätten. Diese lägen oft am Rande des Bezirks und seien häufig nur ungenügend mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei.PDS) wies die Kritik zurück. „Die Vorwürfe sind starker Tobak, die durch nichts belegt sind“, sagte ihre Sprecherin Roswitha Steinbrenner. Alle Job Center in der gesamten Republik hätten ähnliche Probleme wie die in Berlin, dafür könne Knake-Werner nun wirklich nichts. Für Personal und Standort der Behörden seien allein die Job Center zuständig, und der Hauptpersonalrat habe sich zu Recht immer gegen Zwangsversetzungen von Beschäftigten gewehrt. „Uns die Strukturfehler des Gesetzes vorzuwerfen, ist Unfug.“ ROT