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Inspiration verzweifelt gesucht

Als Fata Morgana ist Isabelle Huppert großartig, leider im falschen Film: „Eva“ von Benoît Jacquot (Wettbewerb)

Von Ekkehard Knörer

Ein alter Mann, Schriftsteller von Beruf, stirbt vor den Augen des jungen Prostituierten, den er gerade noch für Geld in die Wanne zu locken versuchte. Der junge Mann, Bertrand Lavade (Gaspard Ulliel), schnappt sich vom Schreibtisch des Toten dessen Komödienmanuskript und bringt es unter seinem Namen heraus. Ein Erfolg, er wird berühmt, findet eine attraktive junge Frau und einen stinkreichen Gönner, der nun allerdings das nächste Stück von ihm erwartet.

Vom über Erwarten erfolgreichen Betrug unter Erfolgsdruck gesetzt, sucht Bernard verzweifelt nach Inspiration. Da liegt, wie es der Zufall so will, in einer eingeschneiten Berghütte schon wieder wer in der Wanne, allerdings höchst lebendig: Eva (Isabelle Huppert). Sie ist ihrerseits eine Prostituierte und die erste Begegnung mit Bertrand endet mit einem heftigen Schlag auf seinen Kopf. Dann ist sie weg. Man sieht sich wieder. Es ist Liebe oder ein gegenseitiges Wiedererkennen oder etwas dergleichen: Sie nimmt sein Geld, er schreibt über sie oder das, was er in ihr sieht, oder über das, was ihm mit ihr widerfährt, das Stück, von dem nur er weiß: Es wäre sein erstes.

Der ganze Plot von „Eva“ ist natürlich aller Wahrscheinlichkeit spottender Schund. Kein Wunder, er stammt ja auch von James Hadley Chase, dessen Thriller aus den vierziger Jahren auch Joseph Losey einmal verfilmt hat, da spielte Jeanne Moreau die Titelfigur. Jacquots Version spielt darauf an. Und einerseits weiß Jacquot, dass das Schund ist. Ja, die Unwahrscheinlichkeit im Realen kommt ihm recht. Die psychologisch undurchschaubare zwischenmenschliche Verstrickung ist sein Metier. Real sind seine Geschichten oft nur im Imaginären. Daraus hat er immer wieder ziemlich tolle Filme gemacht, „Villa Amalia“ etwa, auch da spielte Huppert die Protagonistin.

Was Jacquot diesmal genau vorgeschwebt hat, versteht man andererseits nicht. Er findet nicht den richtigen Ton, sein großartiger Komponist Bruno Coulais dräut gekonnt, nur ist das Dräuen durch Bild und Geschehen gar nicht gedeckt. Eva ist für Bernard eher Fata Morgana als die Femme fatale des Romans: eine nüchterne Geschäftsfrau. Dass er ihr verfällt, bleibt reine, vom Film kaum begreiflich gemachte Projektion. So kommen die mühsame Plot- und die noch mühsamere Psycho-Konstruktion nie recht zur Deckung. Interessante Reibungen gibt es auch nicht. Hupperts Weigerung, im Klischee ihrer Figur aufzugehen, ist beeindruckend, wie Huppert stets beeindruckend ist. Nur ist sie diesmal leider im falschen Film.

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