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Viele Idioten, die Brautund ein Zwergpferd

Nicht ganz taufrisch ist der Humor, mit dem David und Nathan Zellner (Regie und Drehbuch) in „Damsel“ ein Männer-Genre unterlaufen wollen (Wettbewerb)

Von Barbara Schweizerhof

Was ist ein Western-Klischee? Diese Frage beantworten die Regisseure David und Nathan Zellner gleich mit der ersten Einstellung. Da sitzen zwei Männer im gleißenden Sonnenlicht eines Canyons, wenig Vegetation, viel Stein und jede Menge blauer Himmel. Als wüsste man da nicht schon genug, sagt der eine Mann zum andern: „Wo bleibt die verdammte Postkutsche?“ Die Postkutsche kommt nicht, und die beiden Männer unterhalten sich weniger, als dass sie Sätze austauschen, die ein Drehbuchautor (in diesem Fall: David und Nathan Zellner) mit stierem Blick darauf verfasst hat, dass sie später zitiert werden. Etwa wenn das neue Leben, das viele im „Westen“ zu finden meinen, als weniger neu denn „genauso beschissen, nur auf neue und faszinierende Weise“ beschrieben wird. Die Zellner-Brüder würden es wahrscheinlich gar nicht als Kränkung ansehen, wenn man diesen Satz als programmatisch für ihr Konzept, das Western-Genre zu „reformieren“, auffasst.

Mit „Kumiko, the Treasure Hunter“ landeten sie 2014 einen kleinen Festival-Hit. Auch darin beschäftigten sie sich mit Genre-Versatzstücken: Titelheldin Kumiko (gespielt von der großen Rinko Kikuchi) war eine japanische Eigenbrötlerin, die eine VHS-Kassette des Coen-Brüder-Films „Fargo“ fand, ihn für eine Dokumentation hielt und sich aufmachte, den im Film vergrabenen Schatz zu suchen. Der exzentrische Insider-Humor, der den speziellen Stil der Coens mal imitierte und mal zu parodieren versuchte, fand damals ein positives Echo. Den ersten Reaktionen auf „Damsel“ bei der Berlinale nach zu schließen – viele Walk-outs und erste Buhrufe –, werden es die Zellner-Brüder diesmal etwas schwerer haben.

Die titelgebende „Damsel“ wird diesmal von Mia Wasikowska gespielt. Das altbackene Konzept der „damsel in distress“ („Jungfrau in Not“) nämlich wollen die Zellner-Brüder subversiv durchbrechen, indem sie die leider ebenfalls nicht mehr taufrische Idee anwenden, ihre Heldin von lauter Idioten umkreisen zu lassen. Idiot Nummer eins wird gespielt von Robert Pattinson, den man zu Beginn als zu Geld gekommener Westerner an einem Hafen ankommen sieht. Er hat ein süßes Miniaturpferd im Gepäck und engagiert einen Pfarrer (David Zellner), mit dem er sich in die Berge aufmacht, um seine Braut (Wasikowska) zu suchen. Was folgt, mag in gewisser Hinsicht überraschend sein (und tatsächlich nicht den Regeln des Western-Genres folgen), widerspricht aber der simplen Handlungsplausibilität um ein Quäntchen zu viel; die krampfhafte Bemühung um Originalität wird so sichtbar. Mit Subversion des Western-Genres hat das herzlich wenig zu tun. Statt Pfirsichen bekomme er immer nur vergammelte Birnen, beklagt sich einer der Idioten (Nathan Zellner), als ihn Mia Wasikowska rüde abweist. So kann sich ein ganz auf zitierfähige Sätze hin geschriebenes Drehbuch auch gegen sich selbst wenden.

17. 2., 12 Uhr + 17.30 Uhr, FSP; 21 Uhr, Haus der Berliner Festspiele; 21.30 Uhr, Toni; 25. 2., 17.30 Uhr, Berlinale Palast

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