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Ist das nicht schön?

Zur Ruhe kommen mit Arvo Pärt im Konzerthaus, der dort auch ein Leitmotiv des Baltikum-Festivals ist

Von Thomas Mauch

Für Agnostiker ist das Schaffen von Arvo Pärt allemal eine musikalische Herausforderung. Geht es dem estnischen Komponisten doch immer um Transzendenz und eine spirituelle Dimension in seiner bewusst einfach gehaltenen, geradezu asketischen Musik.

Eine Musik, die einen erheben soll.

Am Donnerstag beim Pärt-Abend im Konzerthaus saß der Komponist, der lange Jahre auch in Berlin gelebt hat, mit im Publikum. Bei einer kleinen Fragerunde am Schluss des Konzerts kam er selbst zu Wort. Auf die Frage, wieso in seinem gerade aufgeführten „Te Deum“ denn eine Windharfe zu hören ist, antwortete er charmant gegenfragend schlicht: „Ist das nicht schön?“

Nun sind Zuschreibungen wie „schön“ oder auch „Wohlklang“ in der Neuen Musik eher Vokabeln einer Fremdsprache, denen man eigentlich misstraut. Bei Pärt kommt man an ihnen nicht vorbei.

Der sacht dröhnende Drone der von einem Tonband zugespielten Windharfe in seinem „Te Deum“ wirkte dann wie eine klangliche Patina, wie aus alten Zeiten und Gemäuern hallend. Das Werk, ein musikgewordenes Kreuzgewölbe einer romanischen Kirche. Man würde sich nicht wundern, wenn plötzlich das Personal aus Umberto Ecos „Der Name der Rose“ um die Ecke schauen und in das Singen der Chöre einfallen würde, „te deum laudamus“. Dich, Gott, loben wir.

Da ist schon auch von einem Ringen zu hören in dieser Musik mit dem Maßwerk eines Minimalismus. Und mehr die Gewissheit, da irgendwo aufgehoben zu sein, möglicherweise in einem Gott.

Wobei Dirigent Iván Fischer im Spiel und Singen des Konzerthausorchesters und Rundfunkchors auch nichts von skeptischen Untertönen wissen wollte. Davor war Fischer als Pianist mit der Geigerin Sayako Kusaka zu hören mit „Spiegel im Spiegel“. Arvo Pärts auch häufig in Filmen verwendeter Hit. Diese kleine wehmütige Melodie. Eine zehnminütige durchaus hiesige Andersweltlichkeit. Vollkommen entschlackt, ausgenüchtert. Ganz streng auch und in ihrer Schlichtheit so behutsam in den Körper sickernd, dass man tatsächlich einfach nur noch „Schön!“ hauchen will.

Hören kann man das nochmals am Sonntag bei einem aufgestockten Pärt-Programm im Rahmen des Baltikum-Festivals im Konzerthaus. Bis zum 25. Februar sind dort bei einem nicht nur klassisch grundierten Programm etwa der lettische Staatschor Latvija und das Estnische Nationale Sinfonieorchester zu hören. Bei der baltischen Orgelnacht mit Iveta Apkalna am Samstag darf man es sich zur meditativen Versenkung sogar in einem Liegestuhl bequem machen. Auch hier ist wieder Pärts „Spiegel im Spiegel“ dabei, in einer für Orgel bearbeiteten Version.

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